Du möchtest Dein eigenes Brot backen?
Das ist eine großartige Idee!!!
Wieso das?
- Selbst gebackenes Brot steckt die Produkte der meisten Bäcker, die Backmischungen oder Tiefkühl-Teiglinge verwenden, locker in die Tasche
- Brot zu Backen ist eine zutiefst befriedigende Tätigkeit
- Du weißt, was in Deinem Brot drin ist
- Selbst gebackenes Brot ist sehr gesund und bekömmlich [vorausgesetzt, Du verwendest wenig Hefe und gibst dem Teig mindestens drei Stunden Reifezeit, besser länger]
…und – last but not least… - Es ist ziemlich einfach, köstliches Brot zu backen
Im Folgenden habe ich für Dich, so kurz wie möglich aber eben auch so ausführlich wie nötig, die wesentlichen Informationen zusammenzufasst, die Du zum erfolgreichen Start benötigst.
Wenn Du diese Informationen beherzigt, dann sollten Deine Freude am Brot backen groß und Deine Lernkurve steil sein.
1. Ein bisschen Theorie zu Beginn – nur das Allerwichtigste
Brot besteht immer aus Mehl, Wasser, Salz und einem Triebmittel, z.B. Hefe oder Sauerteig. Das Triebmittel sorgt für den Geschmack und produziert während der so genannten “Gare” [umgangssprachlich: “der Brotteig geht”] Gas. Dieses Gas ist für die Porung im Brot verantwortlich.
Dabei gilt die Daumenregel:
- viele Gasbläschen = vielen Poren = fluffiges Brot
- wenige Gasbläschen = wenige Poren = kompaktes Brot
Das Ziel beim Brotbacken ist es, möglichst viele Gasbläschen in den Teigling zu bekommen. Denn fluffiges Brot ist leckerer als kompaktes Brot [Ausnahmen bestätigen die Regel, z.B. Pumpernickel].
Die Gasbläschen werden durch das sogenannte Glutengerüst [das u.a. durchs Kneten erzeugt wird] stabil im Teig gehalten.
Nun ist es so, dass die Hefen und Mikroorganismen im Teig einerseits die erwünschten Gasbläschen produzieren aber andererseits das Glutengerüst schwächen.
Die zentrale Herausforderung beim Brotbacken ist deshalb, den Teigling dann in den Ofen zu schieben, wenn der Teig maximal viele Gasbläschen produziert hat und das Glutengerüst noch stark genug ist, diese im Teig zu halten.
Ob und wie schnell dieser Zeitpunkt erreicht wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: zum Beispiel wieviel Hefe Du verwendest, wie gut Du geknetet hast aber auch wie warm es in Deiner Küche ist.
2. Was bedeutet das für Dich konkret?
Raum- und Teigtemperatur sind extrem wichtig!!!
Raumtemperatur und Teigtemperatur bestimmen die Geschwindigkeit, mit der die Hefen und Sauerteige ihrer Arbeit nachgehen. Ein Brotteig, der im Winter bei 21 Grad Raumtemperatur vier Stunden gehen muss, kann im Hochsommer bei 24 Grad Raumtemperatur schon nach zwei Stunden bereit zum Backen sein.
Was heißt das konkret?
Habe Teig- und Raumtemperatur im Auge
Mache Dir bewusst, dass sowohl die Temperatur Deines Teiges aber auch die Raumtemperatur die Gehzeiten für Brot und Brötchen signifikant beeinflussen.
Zeitangaben in Rezepten sind immer nur Daumenregeln
Du wirst mit der Zeit ein Gefühl dafür entwickeln, ob der Teig fertig ist oder nicht. Brot backen ist immer “trial and error”. Und die meisten Brotteige verzeihen Fehler.
Deshalb: halte Dich nicht zu eng an die Zeitangaben in Rezepten. Versuche, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann Dein Teig fertig ist.
Nutze die Temperatur zu Deinem Vorteil
Die Bedeutung der Temperatur fürs Brotbacken macht das Leben nicht nur komplizierter.
Sie macht es auch einfacher.
Denn Du kannst die Teigentwicklung über die Umgebungstemperatur bremsen oder beschleunigen. Ist der Teigling eigentlich backfertig, Du hast aber vergessen, den Backofen anzuschmeißen? Kein Problem: ab in den Kühlschrank damit. Kommt der Teigling nicht in die Gänge? Stell den Teig in die Mikrowelle [ohne diese einzuschalten!!!] oder eine isolierte Kühlbox, lege eine Wärmflasche dazu und schon hat der Teig angenehme 35 Grad Celsius und kann richtig loslegen.
Schaffe Dir gute Lernbedingungen
Konzentrier Dich auf 2 – 4 Lieblingsrezepte
Am besten lernst Du durch Wiederholung. Wenn Du ein Rezept häufig backst, werden Dir schnell die Unterschiede auffallen: warme und kalte Tage, längere oder kürzere Stockgare – viele Faktoren beeinflussen das fertige Brot. Wie sie das tun, erkennst Du am besten, wenn Du dasselbe Rezept häufig backst.
Darüber hinaus kannst Du bekannte Rezepte leicht variieren. Zum Beispiel den Wasseranteil erhöhen. Oder das 550er-Mehl durch 1050er Mehl ersetzen und schauen, was passiert.
Schreibe die wesentlichen Details auf & mache Fotos
“Wie war das nochmal? Das Brot vor zwei Wochen war super hochgegangen, das heute ist ein bisschen flach. Was habe ich anders gemacht?“
Du wirst Dir früher oder später solche Fragen stellen. Deshalb: mache von Deinem Teig in den wichtigsten Phasen der Teigbereitung Fotos mit dem Smartphone. Schreib Dir die wichtigsten Parameter auf. So kannst Du nachvollziehen, was Du jeweils anders gemacht hast und welche Auswirkung das auf Dein Brot hatte.
Nutze transparente Boxen zum “Gehen”
Der einfachste Hinweis darauf, wie “weit” ein Teig ist, sind die “Blubberbläschen” im Teig. Je mehr davon und je größer, desto “weiter” ist der Teig. Lässt man den Teig nun in einer klassischen, in der Regel “blickdichten” Rührschüssel gehen, nimmt man sich selber die Möglichkeit, dieses so wichtige Merkmal zu beurteilen. Weil man die Bläschen einfach nicht sieht.
Eine einfache Lösung sind transparente Lock & Lock-Boxen. In diesen Boxen kannst Du durch den Boden der Box perfekt beobachten, was sich im Teig tut.
Schau Dir das Handwerk auf Youtube ab
Viele Blogger, mich eingeschlossen, machen sich viel Arbeit, um gute Texte und Rezepte aufzuschreiben. Deshalb freuen wir uns, wenn Du Dir die Zeit nimmst, sie zu lesen. Aber: sobald es um handwerkliche Arbeit geht, zum Beispiel das “Dehnen und Falten” von Brotteig oder das Formen von Broten und Brötchen, ist YouTube unschlagbar. Denn Filme vermitteln Techniken und Handgriffe viel besser als Texte.
Sehr gute Videos findest Du zum Beispiel beim Plötzblog.
Nimm Dir Zeit
Gutes Brot braucht Zeit. Das ist die Wahrheit.
Du solltest nur Rezepte verwenden, in denen dem Teig mindestens drei Stunden zum “Gehen” eingeräumt werden. Außerdem solltest Du Rezepte backen, die maximal 8-10g [frischer] Hefe auf 1 Kilo Teig vorsehen.
Warum?
Erstens schmecken Brote mit weniger Hefe besser. Zweitens: nach ungefähr drei Stunden Gehzeit haben sich durch die Gare die allermeisten Inhaltsstoffe abgebaut, die Brot schwer verdaulich machen. Brot, das ausreichend Zeit zum „Gehen“ hatte, ist sehr bekömmlich.
3. Werkzeug – Du brauchst gar nicht so viel
Es braucht zum Brotbacken nicht viel Equipment. Wenn Du einen Backofen hast, ein paar Küchentücher und eine Rührschüssel, dann kannst Du mit einfachen Rezepten loslegen.
Du brauchst nicht einmal unbedingt eine Küchenmaschine zum Teigkneten. Denn es gibt jede Menge Rezepte für “No knead”-Brote und -Brötchen. Bei denen übernimmt quasi die Zeit das Kneten.
Basics: das brauchst Du unbedingt
Das folgende Equipment ist die absolute Minimalausstattung. Weniger geht nicht. Viel mehr brauchst Du für die ersten Schritte allerdings auch nicht.
Eine Teigkarte
Teigkarten gibt es an jeder Ecke und kosten nahezu nichts. Eine einfache Plastik-Teigkarte reicht völlig. Ohne geht es tatsächlich nicht. Denn Brotteig ist, insbesondere am Beginn des Knetprozesses, sehr klebrig.
Eine Waage
Ähnlich wie beim “Süße Backen” und ganz anders als beim “Kochen” ist beim Brotbacken exaktes Einhalten der angegeben Mengen wichtig. 30 ml Wasser zu viel können aus einem wunderbaren Baguette-Teig einen klebrigen Alptraum machen, der nur mit viel Erfahrung und Geduld in den Griff zu kriegen ist.
Ein Backofen
Ober- und Unterhitze ist der Modus der Wahl fürs Brotbacken. Je heißer der Ofen kann, desto besser.
Schüsseln
Ein Schüssel kann ein Gärkörbchen nahezu perfekt ersetzen. Küchentuch rein, gut bemehlen, fertig.
Ein paar Küchentücher
Du solltest den Brotteig bzw. den Teigling beim “Gehen” abdecken, damit er nicht
austrocknet. Ideal ist dafür so genannten Bäckerleinen. Küchentücher funktionieren aber auch ganz gut.
Was zum Schwaden…
Mit dem Begriff “Schwaden” meint der Bäcker das Erzeugen von Wasserdampf zu Beginn des Backprozesses. Der Sinn ist leicht erklärt: in den ersten zehn Minuten findet der Ofentrieb statt. Brot und Brötchen “gehen hoch”. Wenn Du in diesen ersten 10 Minuten Wasserdampf erzeugst, hat das einen entscheidenden Vorteil: die Hitzeübertragung auf den Teigling wird durch die höhere Luftfeuchtigkeit deutlich verbessert.
Ergebnis: die Kruste bildet sich langsamer weil der Teigling feucht gehalten wird. Der Teigling hat mehr Zeit, sich “nach oben” zu entwickeln, also hoch zu gehen.
Zum Schwaden legst Du einfach ein tiefes Backblech auf den Backofenboden. Wenn Du den Teigling in den Ofen schiebst, schüttest Du 150ml heißes [!!!] Wasser auf das Backblech. Achtung: Verbrennungsgefahr. Ziehe Dir bitte unbedingt Backofenhandschuhe an und sei sehr vorsichtig!
Nach 10 Minuten machst Du den Backofen auf und entfernst das Bachblech. Dann schließt Du die Backofentür wieder. Fertig!
Die solide Grundausstattung – das solltest Du haben um ernsthaft Brot zu backen
Küchenmaschine
Wenn Du keine Küchenmaschine im Haus hast, starte mit No Knead-Rezepten. Falls Du einen Thermomix hast: super! Alle Infos, die Du zum Brot backen mit dem Thermomix brauchst, findest Du hier.
Falls Du Dir eine Küchenmaschine zulegen möchtest: eine gute, erfreulich knappe Einführung zum Thema gibt es beim Plötzblog.
Mikrowaage
Wenn Du Deinem Teig viel Zeit gibst, kannst Du die eingesetzt Hefe substantiell reduzieren. Für Vorteige reichen meist 0,5g, für ganze Brote 2-3g. Die meisten Waagen kommen da nicht mit, Mikrowaagen schon. Gibt es für kleines Geld im Internet.
Gärkörbchen
Gärkörbchen sind ideal für die Stückgare, denn sie bewahren den Teig vor dem Austrocknen und halten ihn in Form. Ich bevorzuge Gärkörbchen aus Holzschliff. Die schützen den Teig sehr effektiv davor auszutrocknen. Außerdem kann man sie leicht reinigen und sie sind nachhaltig.
Backstein/ Backstahl
In den ersten zehn Minuten des Backens ist die Unterhitze extrem wichtig, denn sie sorgt für den Ofentrieb. Ein normales Backblech funktioniert zwar, es kann aber selber nicht genug Hitze speichern. Ein Backstein oder Backstahl ist da besser geeignet. Beides gibt es im Internet für relativ kleines Geld zu kaufen. Der Backstahl leitet die Hitze noch besser als der Backstein, die Brote neigen aber mitunter dazu, etwas dunkel zu werden.
Am Ende ist die Entscheidung Geschmackssache.
Transparente Boxen für die Gare
Wie oben beschrieben. Zum Lernen super-wichtig.
Bäckerleinen
Bäckerleinen ist dicker als herkömmliche Küchentücher, es schützt den Teig besser davor auszutrocknen.
Teigthermometer
Ich habe den Einfluss der Teigtemperatur sehr lange unterschätzt. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass ein Teigthermometer einer der wichtigsten Anschaffungen überhaupt ist. Denn die Teigtemperatur hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie schnell bzw. langsam die Gare abläuft,
Und wie geht es jetzt konkret los?
Du suchst Dir am besten zwei bis vier einfache, gelingsichere Rezepte aus.
Die Rezepte sollten Hefe als Haupt-Triebmittel vorsehen. Sauerteig ist zwar großartig aber auch ein bisschen zickig. Brote, die ausschließlich mit Sauerteig getrieben werden, sind für Anfänger nicht geeignet.
Wenn Du unbedingt mit Sauerteig backen willst, starte mit Rezepten, in denen Sauerteig für den Geschmack zuständig ist und Hefe für den Trieb. Einige Rezepte habe ich Dir im Folgenden zusammengestellt. Den Sauerteig kannst Du Dir bei einem guten Bäcker besorgen oder bei der Sauerteigbörse.
Dann kaufst Du Dir das Mehl, das Du für diese Rezept brauchst. Für den Anfang reichen Mehle aus dem Supermarkt, besser: aus dem Biomarkt, völlig aus. Wenn Du intensiver einsteigen möchtest, findest Du im Internet eine Vielzahl spezialisierter Online-Shops und Mühlen.
Ein umfassender Exkurs zum Thema „Mehl“ würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, deshalb hier nur das Wichtigste in aller Kürze:
- Bio ist besser als konventionell. Denn für die Produktion von Bio-Mehl werden bedeutend weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Das ist gut für Dich und die Umwelt
- Demeter und Bioland sind besser als das grüne Bio-Siegel weil engmaschiger und unangekündigt kontrolliert wird
- Verwende am besten zum Start das im Rezept angegebene Mehl. Man kann Mehle unter bestimmten Voraussetzungen zwar austauschen, das beeinflusst das Ergebnis in der Regel aber merklich. Starte mit den angegeben Mehlen. Wenn Du einigermaßen sicher bist, kannst zu variieren und experimentieren.
Rezeptvorschläge zum Starten
Baguette
Reines Weizenbrot
Brötchen
Brötchen „no knead“ – keine Küchenmaschine notwendig
Mischbrote mit Hefe und Sauerteig
Das ultimative Baukastenrezept für Sauerteigbrot
No Knead-Rezepte
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8 Comments
Christof Wirtz
22. Dezember 2022 at 7:29Danke, sehr gute Zusammenfassung!
Oliver
22. Dezember 2022 at 9:19Hi Christof,
danke Dir.
Viele Grüße,
Oliver
Jakob
22. Dezember 2022 at 8:22Ich backe seit Jahren jede Woche ein bis mehrere Brote und lese sehr viel dazu.
Deine Einführung finde ich sehr gelungen!
Oliver
22. Dezember 2022 at 9:19Hi Jakob,
vielen Dank für das Feedback.
Herzliche Grüße,
Oliver
Christian Krüger
23. Dezember 2022 at 4:34Hallo Oliver,
danke für die einfache und vor allem verständliche Erklärung.
Christian
Oliver
23. Dezember 2022 at 21:08Hi Christian,
sehr gerne 🙂
Viele Grüße,
Oliver
Oliver Weckbrodt
25. Juni 2023 at 10:01Hallo Oliver,
welches Rezept gehört zu dem Bild oben, wo die zwei Brothälften als gutes Beispiel für die Porung gezeigt wird? Das würde ich gerne versuchen, finde aber das Rezept nicht dazu.
Viele Grüße
Oliver
Oliver
25. Juni 2023 at 22:43Hi Oliver,
das genaue Rezepte habe ich leider gerade nicht im Zugriff. Es ist aber auf jeden Fall ein Experimentierbrot was ich so exakt nie auf dem Blog veröffentlicht habe. Mit diesem Rezept solltest Du aber nahe ran kommen: https://cookin.eu/ruchbrot-und-ein-plaedoyer-fuer-gutes-mehl/
Du ersetzt das Ruchmehl im Sauerteig durch Roggenmehl und im Hauptteig durch 550er Weizenmehl und reduzierst das Wasser leicht. Das sollte klappen.
Viel Erfolg und herzliche Grüße,
Oliver