Eine der schönsten Eigenschaften am Kochen – Essen – Wein trinken ist die Überraschung. Egal wie tief man in einem Thema drin steckt, man entdeckt immer wieder Neues. Und das ist häufig so unerwartet, dass man nur ungläubig den Kopf schütteln kann. Wenn man dann noch bei einem Thema, so wie ich beim Brot backen, höchstens fortgeschrittener Laie ist, dann passieren Überraschungen dieser Art durchaus häufiger. Wie schön!
Kommissbrot – die schönste Brot-Überraschung seit langem
Um das jüngste Erlebnis dieser Art soll es heute gehen, nämlich ein phantastisches Kommissbrot. Da ist die positive Überraschung quasi schon im Namen enthalten. Denn beim Kommissbrot handelt es sich um ein vermeintlich eher funktionales Brot zur optimalen Stärkung der Truppe. Wer da einen kulinarischen Hochgenuss erwartet, der muss schon etwas verrückt oder pathologisch optimistisch sein. Dachte ich…
Wie falsch kann man liegen?
Um es kurz zu machen: wenn man Roggenbroten grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber steht, ist dieses Brot der Hammer! Es schmeckt von Anfang an phantastisch, steigert sich zudem geschmacklich nochmal deutlich über die Tage und hält ganz locker eine Woche frisch. Selbst meine Weizen-affine Familie kann von diesem Brot nicht genug bekommen. Das Brot ist mit Schinken, kräftigem Käse ebenso köstlich wie mit Rübenkraut, Honig oder Nutella. Und um das Ganze noch schöner zu machen: es ist das ideale Brot für die ersten Gehversuche mit Sauerteig ohne die Zugabe von Hefe.
Der Clou
Der eigentliche Clou an diesem Rezept ist aber das Backen in der Backform. Denn durch die Backform kann man den Wasseranteil im Teig im Vergleich zu freigeschobenem Brot deutlich erhöhen.
Mehr Wasser bedeutet mehr Saftigkeit – allerdings auch das Risiko, dass das Brot klätschig wird. Aus diesem Grund ist es für den Erfolg absolut entscheidend, für die Gare den Teig 2/3 hoch in die Backform zu füllen. Macht man die Backform voller, kann der Teig nicht ausreichend gehen und der untere Teil des Brotes kann nicht wie gewünscht ausbacken.
Kommissbrot – zum Rezept
Das Rezept basiert auf dem Saftkornbrot vom Brotdoc. Das wiederum ist ein weiter entwickeltes Kommissbrot mit Sonnenblumenkernen und Leinsamen. Ich habe nach diversen Versuchen den Leinsamen aus dem Rezept entfernt. Wir mögen ihn einfach nicht wirklich – außerdem werden die Leinsamen oben auf dem Brot schnell extrem dunkel.
Dafür habe ich dem Brot ein Altbrot-Quellstück gegönnt. Das unterstützt die ohnehin gute Saftigkeit sowie die Röstnoten des Brotes.
Von entscheidender Bedeutung für das Gelingen des Brotes ist der Monheimer Salz-Sauerteig. Das Salz im Sauerteig sorgt im fertigen Brot für Stabilität. Bei nahezu allen Backversuchen ohne das Salz ist das Brot am Ende schief gegangen.
Sauerteig (Monheimer Salzsauerteig)
360 g Roggenvollkorn-Mehl
290 g warmes Wasser, 30 – 35°
36 g Anstellgut, aktiv
3 g Salz
Alle Zutaten gut vermischen und, beginnend bei 28-30° Grad, auf Raumtemperatur fallend für zwölf Stunden reifen lassen.
Das Salz sorgt dafür, dass die Kruste nicht aufbricht und das fertige Brot eine homogene Konsistenz hat. Lässt man das Salz weg, so läuft man Gefahr, dass das fertige Brot nicht zusammen hält.
Brühstück
75 g Sonnenblumenkerne
100 g heißes Wasser
Die Sonnenblumenkerne langsam hellbraun rösten. Nach meiner Erfahrung eignen sich dafür Temperaturen um 160 Grad.
Man sollte es mit der Bräunung nicht übertreiben, sonst werden die Röstnoten im Brot zu intensiv.
Die Sonnenblumenkerne mit dem heißem Wasser übergießen und um die zwölf Stunden im Kühlschrank quellen lassen.
Altbrot-Quellstück
100 g Altbrot, geröstet und gemahlen
200 g Wasser
Wasser und Altbrot mischen und das Ganze mindestens 30 Minuten abgedeckt quellen lassen.
Hauptteig
Sauerteig
Brühstück
Altbrot-Quellstück
440 g Alpenroggen, alternativ: Roggenmehl 1150
400 g Wasser, etwa 30°
18 g Salz
54 g Rübenkraut
Alle Zutaten in eine Schüssel geben und erst mit einem Kochlöffel grob mischen. Dann mit einem Handrührer (Knethaken) gut durchrühren. Der Teig soll eine pastöse Struktur haben.
Dann den Teig in eine gefettete 1,5 Kg-Form geben, so das diese zu 2/3 gefüllt ist. Das ist extrem wichtig. Füllt man zuviel Teig ein, geht das Brot nicht ausreichend hoch.
Bei der oben angegebenen Teigmenge bleibt etwas Teig übrig. Ich verbacke ihn in der Regel in einer Mini-Kastenform.
Dann den Teig mit dem feuchen Schaber glatt streichen.
Man kann das Brot, wenn man es mag, mit Leinsamen-Schrot bestreuen.
Das Brot 2 – 4 Stunden gehen lassen. Die optimale Gare ist erreicht, wenn das Brot leicht über den Rand gekrabbelt ist.
Dann das Brot im auf 250° vorgeheizten Ofen ohne Dampf, auf 210° fallend, für 70 Minuten bei Ober-/Unterhitze backen.
Mehr Brot
Roggenmischbrot mit Altbrotquellstück
18 Comments
Hanna
20. Oktober 2016 at 18:41sieht gut aus. versuche selbst zu backen!!!
Oliver
20. Oktober 2016 at 21:08Liebe Hanna,
viel Erfolg. Es lohnt sich.
Viele Grüße,
Oliver
Gabi Mieg
23. Oktober 2016 at 20:18Hallo,
ich habe dieses Kommissbrot heute gebacken. Die eingeweichten Sonnenblumenkerne haben allerdings nicht das ganze Wasser aufgesogen. Ich habe dieses restliche Wasser nicht zum Brotteig gegeben, sondern übriggelassen. War das richtig? Ein Problem war auch das Herausbekommen des Brotes aus der Form, die ich nicht eingefettet hatte.
Das Brot schmeckt übrigens hervorragend – auch meinem Roggenbrot nichtaffinem Mann.
Vielen Dank für das Rezept.
Oliver
24. Oktober 2016 at 20:55Hallo Gabi,
ich freue mich, dass Euch das Brot schmeckt. Die Backform muss übrigens auf jeden Fall gefettet werden, das hatte ich leider nicht dazu geschrieben. Vielen Dank für den Hinweis – ich habe es im Rezept nun korrigiert.
Das übrige Wasser von den Sonnenblumenkernen kannst Du ruhig mitverwenden.
Viele Grüße,
Oliver
Steak Zubereiter
12. November 2016 at 16:33Hallo,
ein sehr tolles Rezept. Habe das Brot erst vor kurzem ausprobiert und war sehr positiv überrascht wie lecker es war. Da ein saftiges Schweinehals draufgelegt, ein Genuß 😀
Oliver
13. November 2016 at 21:54Danke für die Rückmeldung. Jetzt habe ich Hunger… 🙂
bernard
1. April 2018 at 7:25hört sich ja lecker an, gerad für mich als Sauerteig-Neuling…
aber eins kann ich dir versichern: im SOldatenwesen sind solch ausgefallene Rezepte Mangelware…um es höflich auszudrücken….das dürfts höchstens im Offiziercasino gegebn (haben)…
Ines
29. Dezember 2018 at 22:38Muss leider sagen, das es schief ging. Der Teig war sehr dünn. Und so sah es am Schluss auch aus 1/3 Schlief, 1/3 nasses Brot und dann viel nichts und Rinde. Meine 1. Reaktion Einweichwasseer von Kernen und Altbrot von restlicher Wassermenge abziehen. Es wird also Versuch 2 geben. Was kann noch gewesen sein?
Oliver
25. Januar 2019 at 15:03Liebe Ines,
schwer zu sagen, da ich das von Dir beschriebene Problem bisher nicht hatte. Das Rezept funktioniert grundsätzlich, ohne dass Du Einweichwasser o.ä. abziehen müsstest.
Ansonsten fällt mir noch ein: hast Du gemahlenes Altbrot, also Semmelbrösel, genommen? Hast Du Brüh- und Quellstück genug Zeit zum Quellen gegeben? Hast Du die Backform nur bis 2/3 der Höhe gefüllt?
Ich drücke Dir die Daumen und hoffe, der nächste Versuch klappt besser.
Herzliche Grüße,
Oliver
Rita
14. Mai 2019 at 14:46Hallo Oliver habe Dein Kommissbrot nachgebacken, ist gut gelungen, aber ich habe ein Problem dass es mir zu Roggig/Sauer ist, ich finde wenn mann den Sauerteig über Nacht gehen laesst das Brot sehr sauer wird .
Ist das Brot sehr sauer oder mache ich da etwas falsch ?? sollte ich vielleicht etwas weizen dazumischen ?? sonst ist das Brot super geworden abe für meinen Geschmack schmeckt es
etwas zu sehr nach roggensauer, was ist wenn man den roggensauerteig weniger lang gehen lässt ??? wird es dann milder ?? vielen dank für die info zum kefirwasser
Oliver
15. Mai 2019 at 19:59Hallo Rita,
wenn Dir das Brot zu „roggig“ ist, kannst Du bestimmt einen Teil Roggen durch Weizen ersetzen. Ggfs. könntest Du auch schauen, dass Dein Altbrot-Anteil aus Weizen oder Dinkel und nicht aus Roggen ist.
Die Säure zu mildern ist schon etwas kniffeliger: Du könntest entweder den Anteil Rübenkraut leicht erhöhen und/ oder den Sauerteig komplett warm führen, also nicht auf Raumtemperatur fallend. Dann sollte die Säure milder ausfallen. Die 12 Stunden würden sich entsprechend reduzieren.
Viel Erfolg. Lass doch mal hören, wie es geklappt hat.
Liebe Grüße,
Oliver
Rita
18. Mai 2019 at 13:13Hallo Oliver Habe das Brot nochmals gebacken Altbrot aus Weizen, Sauerteig habe ich warm geführt und nur 6 Stunden ist super geworden nicht mehr so sauer, eine andere Frage die Ofentemperatur 250 C und dann fallend ist das nicht zu heiss ?? habe bei 250 C eingeschoben auf 230 bis 210 C reduziert nach 10 min nur Unterhitze eingestellt weil es oben dann ziemlich dunkel wurde, Resutat das es unten ein bisschen angebrannt ist. Muss man so eine hohe Temperatur nehmen oder geht es auch mit 230C ???
Liebe Grüsse aus der Provence
Rita
Oliver
23. Mai 2019 at 17:36Liebe Rita,
schön, dass das Brot mit warm geführtem Sauerteig milder geworden ist 🙂
Bzgl. der Temperaturen: mein Backofen ist schon relativ alt und – gefühlt – ein bisschen schwach auf der Brust. Wenn Dein Backofen mehr Bumms hat, könnten die angegebenen Temperaturen zu hoch sein.
Am besten, Du backst „auf Sicht“ und justierst die Temperatur bei Bedarf runter.
Beste Grüße und viel Erfolg,
Oliver
Nicole
23. Oktober 2019 at 22:19Hey Oliver, was bedeutet warm geführt? Danke und Gruß
Oliver
24. Oktober 2019 at 10:00Hallo Nicole,
Du kannst den Sauerteig – ganz grob – zwischen 22 und 30 Grad Celsius reifen lassen (führen). Grundsätzlich gilt dabei: je wärmer die Umgebungstemperatur ist, desto schneller wird der Sauerteig reif und desto milder fällt er aus. Die warme Führung wäre in diesem Zusammenhang eine Führung irgendwo zwischen 26 und 30 Grad.
Viele Grüße,
Oliver
Beate
2. August 2022 at 10:17Hallo Oliver, ich habe dieses Brot am Wochenende gebacken und es schmeckt ausgezeichnet. Allerdings hat es am unteren Rand einen ca 1 cm hohen Streifen, wo es sehr feucht und etwas klitschig ist. Ich habe mich in allen Punkten an das Rezept gehalten. Hast du eine Idee, wie ein solcher Streifen im unteren Bereich entsteht? Ich freue mich auf eine Antwort. Viele Grüße Beate
Oliver
4. August 2022 at 8:47Hallo Beate,
es gibt verschiedene mögliche Ursachen und Lösungen für den „klitschigen“ Streifen.
Im ersten Schritt könntest Du das Wasser dezent reduzieren [so um 30-40g] und das Brot 5 Minuten länger backen.
Falls das nicht funktioniert, könnten wir das „Altbrot-Quellstück“ aus dem Rezept „ausbauen“, denn auch das könnte eine Ursache sein. Willst Du es mal mit Schritt 1 probieren? Falls das nicht funktioniert, melde Dich gerne nochmal, dann könnten wir uns Gedanken zum Quellstück machen.
Herzliche grüße,
Oliver
Wolfgang Schneider
27. November 2023 at 18:16Ich backe das Brot seit etlichen Jahren in regelmäßigen Abständen. Es ist wirklich ein Hammerbrot mit hohem Suchtpotenzial, da es durch den Altbrotanteil und das Rübenkraut einen einmalig rauchigen und malzigen Geschmack erhält und zudem lange frisch bleibt. Es hätte wahrlich einen anderen Namen verdient. Die eigentliche Herausforderung kommt aber erst nach dem Abbacken: Abzuwarten bis es nach rund einem Tag die Genussreife erlangt. Dank für dieses wunderschöne Brot!