Als ich mit diesem kleinen Blog angefangen habe, war ich ganz schön wild drauf: ich habe Milchschaum getrocknet, Schokoladenmousse dehydriert und Schokoladenschwämme hergestellt, Kartoffeln aufgeschäumt und mit diversen Pülverchen experimentiert.
Dazu passend habe ich den Gerätepark erweitert um einen Thermomix, einen Dehydrator, einen ISI-Siphon, diverse Quetschflaschen für schicke Saucen-Pünktchen sowie einen Sous Vide-Stab zuzüglich Vakuumierer. Das, mit Abstand, eigentümlichste Gadget aus dieser Zeit, ist ein so genannter Eierschallsollbruchstellenverursacher. Diesen kann man dazu verwenden, einem Ei im rohen Zustand quasi den Deckel zu entfernen. Daraus wiederum kann man zwar sehr schicke Rezepte basteln. Wer aber nicht zufällig ein Sterne-Restaurant betreibt oder über viel zu viel freie Zeit verfügt, der wird – nach meiner Erfahrung – den Eiern eher selten eine Sollbruchstelle verpassen.
Natürlich hat die beste aller Ehefrauen bei den meisten dieser Anschaffungen mal mehr und mal weniger provokant mit den Augen gerollt und ihre kritischen Gedanken zum Sinn und Zweck des neuesten Gerätes mit mir geteilt. Und natürlich habe ich ihr jedes Mal versichert, dass die jeweils aktuelle Anschaffung von geradezu existenzieller Notwendigkeit sei und ein weiteres Leben ohne dieses Gerät nicht vorstellbar.
Nun wird man ja mit zunehmendem Alter nicht nur entspannter (dem sinkenden Testosteronspiegel sei Dank) sondern auch erfahrener. Und so kann ich, mit einem gewissen Abstand, heute zugeben, dass der ein oder andere der Versuche von damals vielleicht doch nicht ganz so wegweisend war wie gedacht. Auch die Quetschflaschen und der Dehydrator kommen mittlerweile eher selten zum Einsatz. Die Box mit den molekularen Pülverchen habe ich entsorgt.
Wirklich regelmäßig benutzen wir tatsächlich nur den Thermomix. Auf Platz zwei folgt – mit großem Abstand – der Sous Vide-Stab.
Sous Vide – das Für und Wider
Das Sous Vide-Verfahren kann in zweierlei Hinsicht eine gute Idee sein.
Erstens: bestimmte Stücke Fleisch und Fisch werden sous vide herausragend gut: hohe Rippe vom Rind zum Beispiel oder Oktopus. Grundsätzlich gilt als Daumenregel: je rustikaler das Fleisch, desto besser eignet es sich für die Sous Vide-Zubereitung.
Der Tafelspitz, den ich für das Vitello Tonnato verwende, gehört da nicht unbedingt zu.
Hier kommt die zweite Stärke des Sous Vide-Verfahrens ins Spiel: Komfort und Optik.
Ich persönlich kann für Tafelspitz, bezüglich Konsistenz und Geschmack, zwar keine Vorteile des Sous Vide-Verfahrens gegenüber den klassischen Methoden erkennen. Aber: wenn man den Tafelspitz bei perfekt-stabiler Temperatur im Wasserbad gart, gibt es keinen unansehnlichen grau-braunen Ränder und keine bösen Überraschungen. Im Backofen und im Topf können die Temperaturen erheblich schwanken, im Wasserbad nicht. Die Gefahr, dass die ganze Sache schief geht, nimmt deutlich ab. Und das ist ja schon mal besser als nichts.
Zum Rezept
Das Rezept ist teilweise narrensicher, teilweise nicht.
Beim Fleisch kann man im Prinzip nichts falsch machen, sofern man sich an die angegebenen Temperaturen und Garzeiten hält und gutes Fleisch kauft.
Die Sauce dagegen erfordert ein zum einen ein etwas glückliches Händchen. Denn Mayonnaise ist halt Mayonnaise. Und der Mayonnaise an sich wohnt die Eigenschaft inne, dass sie hin und wieder mal nichts wird. Sollte bei Euch einer dieser Tage gekommen sein, hilft kein Fluchen und kein Lamentieren. Einfach neu machen – fertig!
Zum anderen soll die Sauce lecker werden. Dazu benötigt man a.) ein gutes Raps- oder Traubenkernöl (im Zweifelsfall nehmt lieber das teurere.)
Und b.) sollte man immer mal probieren und sich dann langsam an den bevorzugten Geschmack herantasten. Das heißt: alle Zutaten mit intensivem Geschmack solltet Ihr dezent und nach-und-dazu geben. Wir mögen die Sauce zum Beispiel mit geringer Säure, d.h. ich gehe mit dem Zitronensaft sehr vorsichtig um.
Vitello Tonnato Sous Vide
Zutaten
Für das Fleisch
- Ca. 1 Kilo Nuss oder Tafelspitz vom Kalb
- Meersalz, Pfeffer, 1 Lorbeerblatt, 2 Nelken
Für die Sauce
- 1 Ei
- Ca. 200 ml Rapsöl
- 1 El Senf
- 1 Dose Thunfisch natur
- 1-2 TL Kapern
- 1 EL Zitronensaft
- Salz
- Pfeffer
Garnitur
- Kapern
- Platte Petersilie
Anleitungen
Fleisch
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Das Fleisch abwaschen, trocken tupfen und parieren.
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Die Gewürze im Mörser fein zermahlen und das Fleisch damit einreiben. Vakuumieren.
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Das Fleisch für 2,5 Stunden im Wasserbad bei 60 Grad garen.
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Das Fleisch abkühlen lassen.
Sauce
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Ei und Senf mit dem Zauberstab mixen. Dann das Öl in einem dünnen Strahl langsam einlaufen lassen. Dabei immer weiter mixen. Wenn die Konsistenz gut ist, Zitronensaft, Kapern und Thunfisch einarbeiten. Mit Salz, Peffer und ggfs. mehr Zitronensaft und Kapern abschmecken.
Anrichten
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Das Fleisch dünn aufschneiden. Die Sauce darüber geben und das Ganze mit Kapern und Petersilie garnieren.
1 Comment
MM
8. Juli 2024 at 1:19Das Kalbfleisch sous-vide zu garen ist tatsächlich eine gute Idee!
Die Sauce geht aber auch narrensicher: statt Mayo nehme ich 1 Becher Creme fraiche.
Und der große Umami-Trick sind 2-4 Sardellen (bitte die Guten, die in Olivenöl eingelegt sind).
Zitonenabrieb darf auch nicht fehlen.