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Eis selber machen: der Schritt von gutem zu phantastischem Eis ist kein großer, sofern man einige Grundregeln beachtet.
Dabei ist es eine gute Idee den Profis über die Schulter zu schauen. Liest man die im Internet frei verfügbaren Informationen der Zulieferer für die Speiseeis-Hersteller sowie ein paar relevante Kochbücher, so kristallisieren sich einige wenige substantielle Grundregeln heraus:
Wer hohe Temperaturen bei der Herstellung so weit wie möglich vermeidet, alle Zutaten sorgfältig mischt und die Masse vor dem Gefrieren reifen lässt, der hat die halbe Miete schon eingefahren…
Hitze unsensible Zutaten mischen
Es ist absolut entscheidend, vor dem Erwärmen der Eismasse, die Auswirkung der Hitze auf die Aromaträger zu berücksichtigen.
Die meisten Zutaten für die Eisproduktion sind nicht übermäßig temperatursensibel: Milch, Sahne, Zucker, viele Gewürze, einige Obstsorten wie Rhabarber und auch Kaffee leiden keineswegs unter hohen Temperaturen – solange sie nicht verbrennen.
Andere Zutaten dagegen verlieren an Qualität, wenn sie über eine bestimmte Temperatur erhitzt werden. Zu diesen Produkten zählen Schokolade, sehr viele Obstsorten (die meisten Beeren, Äpfel, Birnen, Kiwis usw.), viele Kräuter und die meisten Alkohole.
Obst und Gemüse verlieren beim Erhitzen ihre „Frische“. Obstsorten zum Beispiel werden marmeladig. Nun mag man einwenden, dass das nicht schlimm ist. Marmelade ist ja lecker.
Dennoch ist das Erhitzen und damit der Verlust der Frische in Marmelade ein Makel, der zugunsten der Haltbarkeit in Kauf genommen wird. Schnuppert man zum Beispiel an pürierten Himbeeren und dann an gekochten, so wird der Unterschied sehr deutlich. Ein großer Teil des duftigen, leichten, säuerlichen Charakters der Himbeere ist bei der gekochten Variante verschwunden. Aus diesem Grund sollte man immer Zubereitungsmethoden wählen, bei denen die Fruchtmasse so wenig und kurz wie möglich, optimalerweise gar nicht, erhitzt wird.
Bei der industriellen Speiseeis- Bereitung geht man übrigens genauso vor. Dort werden ausschließlich die so genannten „temperaturbeständigen Geschmacksstoffe“ erhitzt. Fruchtzubereitungen werden beim Abkühlen bei 2 – 4 Grad zugegeben (vgl. Herbstreith & Fox)
Daumenregel:
Alle temperatursensiblen Bestandteile sollten grundsätzlich so schonend wie möglich verarbeitet werden.
Für ein Rahmeis mit Früchten, wie z.B. Brombeer-Rahmeis, zieht man deshalb nur den Sahneteil zur Rose ab, lässt ihn etwas abkühlen und mischt ihn dann mit der kalten Fruchtmasse.
Beispiel: Brombeer-Rahmeis
125 g Milch
125 g Sahne
60 g Zucker
3 Eigelbe
165 g Brombeer-Püree
20 g Brombeerlikör
30 g Glukosesirup
Eigelb und die Hälfte des Zuckers schaumig schlagen. Milch, Sahne, die andere Hälfte des Zuckers und den Glukosesirup aufkochen. Die Sahnemischung in die Ei-Mischung geben und das Ganze zur Rose abziehen. Etwas abkühlen lassen. Brombeerpüree- und Likör mixen. Gut mit der Eismasse mischen, 8 – 24 Stunden reifen lassen und dann in der Eismaschine gefrieren.
Mischung erhitzen
Die meisten Eis-Rezepte sehen vor, dass die Grundmasse, oder ein Teil davon, mindestens ein Mal, erhitzt wird.
Das hat verschiedene Gründe:
Viele Bindemittel, wie das klassisch verwendete Eigelb zum Beispiel, entfalten ihre Bindekraft erst ab bestimmten Temperaturen. Auch viele Gewürze geben ihr volles Aroma nur unter Hitze frei, z.B. Vanille. Schokolade schmilzt erst ab 37 Grad. Hitze ist also ein wichtiger Faktor für die Eis-Herstellung.
Exkurs: Zur Rose abziehen
„Zur Rose abziehen“ bedeutet, eine Ei-Milch-Sahne-Masse bis kurz unter den „Rührei-Punkt“ zu erhitzen. Dabei bekommt die Masse eine Puddingartige Konsistenz. Das Endprodukt wird deutlich cremiger und vollmundiger. Nicht-Profis rühren die Masse am besten über einem heißen Wasserbad. Schüssel und Wasser dürfen sich dabei nicht berühren!
Man kann die Erfolgsquote erheblich steigern, in dem man zu Beginn Zucker und Eigelb sehr sorgfältig schaumig schlägt. Die eingeschlagene Luft bildet eine Art Schutzschild um die sensiblen Proteine.
Ab 65 – 70 Grad bildet sich die „Rose“, ab ca. 74 Grad bricht das Protein-Netzwerk in sich zusammen, bildet dicke Klumpen und „stinkt ab“.
Die Konsistenz nimmt ab 65 Grad deutlich und merkbar zu. Wen man rührt und sich unsicher ist, ob die Bindung schon eingesetzt hat, hat sie dies mit Sicherheit noch nicht. Die Bindung ist ordentlich und lässt keine Fragen offen.
Hitzesensible Zutaten einrühren
Jetzt ist der Zeitpunkt, hitzesensible Zutaten einzurühren. Dabei ist wichtig, dass die Bestandteile ähnliche Temperaturen haben und sehr gut, mindestens zwei Minuten homogenisiert, also gemischt werden. Nur dann sind sie ausreichend verbunden und trennen sich beim anschließenden Reifen nicht.
Daumenregeln:
• Fruchtzubereitungen sollten, insbesondere wenn sie mit fetthaltigen Flüssigkeiten gemischt werden, sehr fein püriert sein. Je feiner das Püree, desto besser bildet sich die Emulsionen und desto schwerer hat es die unerwünschte Phasentrennung.
• Alle Bestandteile sollten ungefähr die gleichen Temperaturen aufweisen. Das unterstützt die Stabilität der Bindung. TK-Ware mit der 80-Grad warmem Ei-Sahne-Mischung zu verbinden ist nicht erfolgversprechend.
• Die Bestandteile – also Frucht- und Sahnemischung – sollten ausführlich, mindestens zwei Minuten homogenisiert, d.h. gemixt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sie sich während des Reifens ganz oder teilweise trennen.
Passieren
Passieren entfernt eventuell vorhandene größere Partikel aus dem Eis.
Reifen
Es ist fast immer gut, die Eismasse vor dem Gefrieren zwischen mindestens acht, besser vierundzwanzig Stunden im Kühlschrank reifen zu lassen. Dafür gibt es zwei Gründe:
- Viele Emulgatoren und Stabilisatoren benötigen Zeit um zu quellen, sich also optimal zu entfalten. Nur so kann man ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen.
- Zieht man die Grundmasse zur Rose ab, schmelzen die Fettpartikel. Sie gehen von einem festen in einen flüssigen Zustand über. Kühlt man die warme Masse vor dem Gefrieren ab, verfestigen sich die Fettpartikel durch Kristallisation und stabilisieren dadurch die Masse. Dafür benötigen sie Zeit, die sie beim direkten Einfrieren nicht haben.
Nicht gut ist das Reifen für Eissorten,
- die große Anteile Saft von Zitrusfrüchten, insbesondere Orangen und Grapefruit enthalten, da diese Bitter werden.
- Lebensmittel enthalten, die Schal werden können, z.B. Bier,
- Lebensmittel enthalten, die während des Reifens einem unkontrollierten Evolutionsprozess unterliegen können, wie z.B. Hefe.
Verarbeitet man Obst, das einen Hang zur Oxidation hat, wie zum Beispiel Kirschen, sollte man ein Antioxidanz zugeben. Ein halber Teelöffel Vitamin C reicht völlig.
Gefrieren
Stellt man eine Flüssigkeit oder eine Creme einfach in Tiefkühler, ist das Ergebnis ein Eisblock und kein Eis. Um eine cremige Masse zu erhalten, muss während des Gefrierprozesses gerührt werden. Das verhindert die Bildung von Eiskristallen und sorgt dafür, dass Luft in die Masse eingeschlagen wird (vgl. Blumenthal, 2008, S. 433).
Wenn man Eis in einer Eismaschine, d.h. unter ständigem Rühren, gefriert, legt es während dessen deutlich an Volumen zu und wird heller. Das liegt an der Luft, die während des Rühr-Prozesses in die Masse eingerührt wird. Die Volumen-Zunahme ist – in einem bestimmten Umfang – gut und erwünscht. Man bezeichnet sie als „Overflow“. Man kann die Volumen-Zunahme durch die Art und das Maß bestimmter Zutaten steuern.
Eiskristalle bilden sich ab 0 Grad, nicht früher. Es macht also keinen Sinn, eine warme Eis-Basis in den Tiefkühler zu verfrachten und dann alle fünf Minuten umzurühren um die Kristallisation zu verhindern. Das Rühren ist erst ab 0 Grad und darunter effektiv.
Es gibt verschiedene Methoden des „Gefrierens“:
Manuell rühren
Eine passable aber keinesfalls gute und zudem aufwändige Methode ist das regelmäßig manuelle Durchrühren der Eismasse während des Gefrierprozesses. Dabei schnappt man sich z.B. jede halbe Stunde die Eismasse (aber erst ab 0 Grad, da die Masse über 0 Grad keine Kristalle ausbildet) und rührt sie mit einem Schneebesen gut durch. Das macht man solange, bis das Eis die gewünschte Konsistenz hat. Die Methode führt zu im Notfall akzeptablen Ergebnissen, der Aufwand ist jedoch groß. Außerdem ist es kaum möglich, durch das manuelle Rühren ein der Maschine wirklich ebenbürtiges Ergebnis zu produzieren, da man nur punktuell rührt und nicht – wie die Maschine – permanent. Das heißt: es wird kaum Luft eingeschlagen. Auch die Bildung von Eiskristallen kann man deutlich weniger effektiv unterdrücken.
Eismaschine
Eine Eismaschine ist das Hilfsmittel der Wahl um ein wirklich gutes Eis herzustellen. Gute Eismaschinen sind ab 150€ zu haben. Dabei sollte man in jedem Fall eine Maschine wählen, die selbstständig kühlt. Geräte, bei denen man 24 Stunden vorher einen Behälter in die TK geben muss, sind nicht zu empfehlen. Sie können die Masse nicht vernünftig durchkühlen, insbesondere man Zucker und/ oder Hydrokolloide verwendet, die den Gefrierpunkt senken. Außerdem dauert der Gefrierprozess zu lange. Dies ist problematisch, denn es gilt: je kürzer der Prozess desto weniger Eiskristalle. Je länger desto mehr.
„Hobby-Eismaschinen“ benötigen eine gewisse Menge, also Volumen, um eines gutes Ergebnis zu erreichen. Gibt man zuwenig Masse in die Eismaschine, bleibt diese während des Rührprozesses an den Rührstäben kleben und es bildet sich kein Overflow.
Einfrieren und aufmixen
Eine sehr gute Methode zum Herstellen von Eiscreme und Sorbet ist das Einfrieren und anschließende „aufmixen“ der Masse in einem Thermomix oder einem Pacojet. Letzterer liefert das bessere Ergebnis und ist vielseitiger. Es lassen sich z.B. auch Pulverschnee-artige Texturen erstellen. Allerdings ist das Gerät nicht nur ohrenbetäubend laut sondern auch mit deutlich über 4.000 € für den Hausgebrauch nahezu unerschwinglich.
Eine gute Alternative ist der Thermomix. Man gibt die gefrorene Masse in nicht zu großen Stücken (maximal Handteller-groß, besser kleiner) in das Gerät und mixt auf höchster Stufe, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Das dauert selten länger als 20 Sekunden.
Alternativ lassen sich gefrorene Beeren mit etwas Zucker und Orangensaft in null-komma-nix zu einem nahezu perfekten Sorbet verarbeiten. Die Qualität ist sehr nahe an der in Sterne-Restaurants.
Die Thermomix-Methode ist insbesondere für Sorbets interessant, da diese das einfache „Erwärmen“, also durch das Herausnehmen des Eises aus der TK eine halbe Stunde vor Servierzeitpunkt, deutlich weniger gut annehmen als Milch- bzw. Sahneeis mit Eigelb.
Beispiel: Waldbeeren-Sorbet
250 g gefrorene Beeren
2 – 3 El Puderzucker
75 ml Orangensaft
Alles zusammen im Thermomix auf höchster Stufe pürieren bis eine homogene, cremige Masse entstanden ist. Vor dem Servieren etwas „anwärmen“ lassen.
Mixt man gefrorene Blöcke im Thermomix auf, so sind die entstehenden Texturen in Abhängigkeit der verwendeten Emulgatoren, Stabilisatoren etc. unterschiedlich. Mit Johannisbrotkernmehl gebundene Massen zum Beispiel formen während des Prozesses Kügelchen, bevor sie in den weichen, cremigen Zustand übergehen.
Schockgefrieren
Schockfroster sind teuer. Flüssiger Stickstoff ist eine nette aber nicht ungefährliche Spielerei. Der ein oder andere Kochlehrling soll schon seine Hand verloren haben.
Dennoch sind die vermeintlichen Spielereien Stickstoff und Trockeneis eine interessante Alternative, denn sie gefrieren so unglaublich schnell, dass Eiskristalle schlicht keine Zeit haben sich zu bilden und flüchtige Aromen es nicht schaffen sich zu verflüchtigen.
Auftauen
Eis sollte kalt aber nicht zu kalt sein. Denn die Geschmackintensität jedes Produktes nimmt mit sinkender Temperatur ab. Mit Ei gebundenes Eis kann man ganz simpel für 15 – 30 Minuten, je nach Volumen, im Kühlschrank antauen lassen.
Mit Hydrokolloiden gebundenes Eis taut, je nach Anteil von Bindemitteln und modifizierten Zuckern, langsamer auf. Hier geht an Trial-and-error kein Weg vorbei.
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4 Comments
Exkurs Eis & Sorbet (5/5): Basis-Rezepte
6. Oktober 2014 at 11:34[…] Weiterführende Links: Exkurs Eis & Sorbet (4/5) […]
Getrocknete Birnenknusperblätter - cookin'
22. Juli 2015 at 19:06[…] Eis selber herstellen – der Prozess […]
Karamell Eis mit Fleur de Sel - cookin'
9. Dezember 2015 at 9:31[…] Eis selber machen (4/5): Der Prozess […]
Ina
5. November 2018 at 13:58Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Das ist wirklich ein sehr hilfreicher Leitfaden. Kann man immer gut gebrauchen.
Mit besten Grüßen,
Ina