Wenn Du Deinen Sauerteig sehr regelmäßig auffrischst, wirst Du früher oder später auf das Problem stoßen, Sauerteigreste übrig zu haben. Das Thema wird nochmal relevanter, wenn Du Brote ausschließlich mit Sauerteig, sprich ohne Hefe, backst. Dann nämlich ist es, um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, zwingend notwendig, den Sauerteig täglich aufzufrischen.
Was also tun?
Lösung 1: Kleine Mengen Sauerteig zu anderen Teigen zugeben
Du kannst zu nahezu allen gängigen Brotrezepten kleinere Mengen Sauerteig dazugeben. Nach meiner Erfahrung funktionieren Mengen bis zu einem gehäuften Esslöffel tadellos, ohne dass Du Wassermengen o.ä. irgendwie anpassen musst. Einzige Ausnahme: Teige mit sehr langer, kalter Führung. Hier solltest Du vorsichtig vorgehen, damit zum einen die Säure aus dem Sauerteig nicht zu dominant wird und zweitens der Teig sich durch den zusätzlichen Sauerteig nicht deutlich schneller entwickelt als geplant.
Vorteil: das Vorgehen ist super-einfach.
Nachteil: es eignet sich nicht für größere Mengen überschüssigen Sauerteiges
Lösung 2: Brote mit Sauerteigresten und etwas Hefe backen
Du kannst (neben explizit für Sauerteigreste konzipierten Rezepten wie diesem hier) viele Brote auch komplett mit altem Sauerteig backen. Voraussetzung: der Sauerteig sollte nicht älter als 4-5 Tage sein und durchgehend im Kühlschrank gelagert. Ein gutes Beispiel dafür ist der Saatenkasten. Die im Rezept angegeben 400g Sauerteig kannst Du komplett (oder natürlich auch teilweise, je nachdem wie viel Reste du übrig hast) durch Sauerteigreste ersetzen. Die im Sauerteig immer noch vorhandene Triebkraft in Kombination mit der im Rezept vorgesehenen Hefe reichen völlig aus, um das Brot zu lockern.
Vorteil: du kannst auch größere Mengen Sauerteigreste verarbeiten
Nachteil: wenn Du nicht genug Rest hast, musst Du ggfs. zusätzlichen Sauerteig ansetzen
Ciabatta mit Sauerteigresten
Zutaten
Vorteig
- 200 g Wasser
- 200 g Tipo 0-Weizenmehl
- 2 g Hefe (frisch)
Hauptteig
- 400 g Vorteig
- 300 g Tipo 0 Weizenmehl
- 200 g Wasser
- 100 g Sauerteigreste
- 10 g Salz
- 5 g Hefe, frisch
- 25 g Bassinage
Anleitungen
Vorteig
- Alle Zutaten mischen. Den Vorteig eine Stunde bei Raumtemperatur gehen lassen und dann für mindestens 16 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Hauptteig
- Alle Zutaten außer Salz und Hefe mischen und abgedeckt für 30 Minuten zur Fermentolyse anstellen.
- Im Anschluss alle weiteren Zutaten dazu geben. Zunächst 2-3 Minuten bei niedriger Geschwindigkeit mischen und im Anschluss auf mittlerer bis schneller Geschwindigkeit kneten, bis sich der Teig von der Schüsselwand löst. Das dauert, je nach Maschine und Geschwindigkeit, 8 – 15 Minuten.
- Den Teig in eine leicht geölte Teigwanne geben und zur Stockgare anstellen. Nach 30 und 60 Minuten dehnen und falten. Der Teig ist fertig, wenn er sein Volumen um ca. 50% vergrößert hat.
- Den Teig auf eine bemehlte Oberfläche kippen und vorsichtig in vier Teiglinge á ca. 250 g teilen.
- Die Teiglinge sanft aber nachhaltig dehnen und dann von außen in die Mitte einschlagen.
- Die Teiglinge mit dem Schluss nach unten auf ein gut bemehltes Bäckerleinen legen und 60-90 Minuten zur Stückgare anstellen.
- Den Backofen auf 250 Grad vorheizen.
- Die Teiglinge sehr vorsichtig mit dem Schluss nach oben auf Backpapier legen, dann einschießen und mit viel Dampf für 25 Minuten backen. Nach 10 Minuten den Dampf ablassen und die Ofentemperatur auf 230 Grad reduzieren.
4 Comments
Anna Malik
27. Mai 2025 at 22:13Lieber Oliver,
danke für das tolle Rezept.
Ich habe es ausprobiert mit einem noch reifen ST aus R1150, TA200 und dachte mit dem Manitoba T0 muß es mir gelingen die TA182 ohne Bassinage zu stemmen. Ich habe das leider total unterschätzt, das Mehl von Bon’gu, hatte ich vor 5 Monaten bestellt. Scheinbar war das schon zu alt, obwohl Verfallsdatum erst der 1.11.25 ist. Das hatte ich nicht erwartet. Der Teig was flüssig, nach einer Zugabe von 60g Mehl, änderte sich kaum etwas, dann gab ich noch einen TL Flohsamenschalen hinzu. Das, und eine 3-stündige kalte Gare im Kühlschrank hatte den Teig schließlich zusammengehalten. Es kam noch ein ganz manierliches Brot dabei heraus, mit einer schönen Kruste und einer lockeren Krume, zwar nicht Open Crump, aber akzeptabel. Mir war bis dahin nicht bewußt wie wichtig das Alter des Mehls ist, selbst bei den hochwertigen Sorten. War das Problem meine alte Kenwood Cooking Chef Major, die schon 10 Jahre alt ist, oder lag es doch am Alter des Mehls, was ich eher vermute. Beim nächsten Versuch werde ich mit deutlich weniger Wasser arbeiten und mich mit einer TA 170 zufrieden geben und ggfs. später noch Wasser zuführen. Mich würden auch noch andere Erfahrungen interessieren.
Danke und liebe Grüße,
Anna
Oliver
28. Mai 2025 at 15:17Liebe Anna,
vielen Dank für die tolle, ausführliche Rückmeldung.
Das Thema „Mehl“ ist tatsächlich ganz schön verzwickt. Ich habe mittlerweile schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass dieselben Mehle, je nach Charge, extrem variieren bzgl. der Fähigkeit, Wasser zu binden. Ganz krass ist mir das vor einigen Jahren beim Semola von Bongu aufgefallen. Aktuell habe ich das Gefühl, dass die T65- und T80-Mehle (bei ansonsten gleichbleibender hoher Qualität) deutlich schneller „überkneten“ als frühere Chargen.
Ich persönlich habe allerdings noch nie bemerkt, dass sich die Fähigkeit des Mehls, Wasser zu binden, mit dem „Alter“ signifikant ändert. Vielleicht ist es mir aber einfach nicht aufgefallen oder ich habe den Zusammenhang nicht hergestellt.
Dein Plan, das nächste Mal mit weniger Wasser anzufangen und ggfs. Bassinage dazuzugeben ist mit Sicherheit der richtige.
Eine „Wunderwaffe“ bei zu weichen Teigen ist übrigens Altbrot (geröstet und gemahlen). Das kannst Du während des Knetens löffelweise dazugeben bis der Teig die gewünschte Festigkeit hat.
Anna Malik
4. Juni 2025 at 8:39Herzlichen Dank für die schnelle Antwort lieber Oliver,
Ich werde es nochmal probieren mit weniger Wasser am Anfang und dann lieber nach und nach Wasser zugeben.
Liebe Grüße,
Anna
Oliver
5. Juni 2025 at 14:10Viel Erfolg!!!