Kann man ein anständiges Sauerteigbrot herstellen, das weniger als 30 Minuten reiner Arbeitszeit und keine Küchenmaschine zum Kneten erfordert?
Bis vor wenigen Wochen hätte ich noch gesagt: nö!
Nun stellt sich heraus: es geht sehr wohl.
Und das Ergebnis kann sich mehr als sehen und schmecken lassen.
Vor einigen Monaten habe ich den sehr interessanten Blog Culinary Exploration entdeckt. In diesem Blog und in einer Vielzahl von Youtube-Videos führt der ehemalige Koch Philip durch viele interessante Brotrezepte. Das für mich erstaunlichste Rezept ist ein Sauerteigbrot, das Philip täglich backt, das mit minimalem Aufwand auskommt und in dem kein Gramm überflüssiger Sauerteig produziert wird.
Das Konzept ist so simpel wie bestechend:
Du bereitest morgens den Teig für Dein neues Brot. Das dauert alles in allem keine 20 Minuten.
Den Sauerteig dafür hast Du am Vorabend angesetzt. Einen kleinen Rest Sauerteig hältst Du zurück und lässt ihn bis zum Abend einfach bei Raumtemperatur stehen.
Nachmittags formst Du den Teigling und stellst ihn in den Kühlschrank. Abends setzt Du frischen Sauerteig an, am nächsten Morgen backst Du und setzt einen neuen Teig an.
Das war´s.
Der Zeitansatz:
0.) Abends – Sauerteig ansetzen (3 Minuten)
Du nimmst die Sauerteigreste vom Vortag, fügst Mehl und Wasser hinzu, vermischt alles und lässt es über Nacht bei Raumtemperatur stehen. Easy-peasy, geht schnell.
1.) Am nächsten Morgen – mischen (5 Minuten)
Du mischt alle Zutaten. Es sollte ein einigermaßen homogener Teig entstehen, in dem alle Zutaten gut durchmischt sind. Als Werkzeuge dienen eine Schüssel und ein Löffel.
Die behältst einen kleinen Rest Sauerteig zurück und lässt diesen tagsüber abgedeckt beim Raumtemperatur stehen.
2.) 15 Minuten später – lockeres Vorkneten (3 Minuten)
Du kippst den Teig auf eine leicht befeuchtete Arbeitsfläche und knetest ihn locker mit den Handballen für 2-3 Minuten durch. Das war es schon.
3.) 30 Minuten später – laminieren (5 Minuten)
Du ziehst den Teig auf einer befeuchteten Arbeitsplatte vorsichtig so lang und breit wie möglich. Idealerweise entsteht dabei ein großer Viereck, das Du im Anschluss wieder zusammenfalten kannst. Diese Technik nennt man Laminieren. Sie gibt dem Teig Struktur und hilft bei der Entwicklung des Glutennetzwerkes.
4.) Nachmittags – formen und Kühlschrank (3 Minuten)
Du formst den Teig locker vor, lässt ihn 10 Minuten ruhen und formst ihn dann länglich. Danach lässt Du ihn in einem Gärkörbchen bei Raumtemperatur ohne Abdeckung gehen bis er merklich fluffig geworden ist. Dann stellt Du ihn in den Kühlschrank. Du kannst ihn abdecken, musst aber nicht.
5.) Am nächsten Morgen – stürzen, einschneiden, in den Ofen einschießen (3 Minuten)
Am Morgen des Backtages heizt Du den Ofen vor, stürzt den Teigling auf Backpapier, schneidest ihn ein und bugsierst ihn in die gusseiserne Form.
Das war es.
Disclaimer – die Grenzen dieses Rezeptes
Das Rezept ist so ausgelegt, dass Du es optimal in Deinen Tagesablauf integrieren kannst und dass der notwendige Aufwand minimal ist.
Ob Du den Teigling um 15 oder 16 Uhr formst ist nicht so wild, ob die Raumtemperatur bei Dir tagsüber 21 °C oder 24°C ist, muss Dich auch nicht interessieren. Genauso wenig wie die Frage, ob Du morgens noch 1,5g Sauerteig übrig hast oder 2,5g.
Diese Flexibilität erkauft man sich mit bestimmten Einschränkungen.
Du wirst mit diesem Rezept weder eine wilde, offene Krume erzielen noch werden die Ergebnisse immer stabil gleich sein.
Das ist auch gar nicht schlimm. Ein sehr leckeres, authentisches Sauerteigbrot erhältst Du in jedem Fall. Ich habe es bisher noch nicht erlebt, dass dieses Rezept schwerwiegend schief gegangen ist.
Und zu guter Letzt – was habe ich am Originalrezept verändert?
Nicht viel. Ich habe die Teigmenge sowie die Teigausbeute (Wasseranteil) leicht erhöht, außerdem habe ich dem Teig einen kleinen Anteil Roggenmehl gegönnt.
Darüber hinaus setze ich zuhause in der Regel zwei Sauerteige ein: Weizen und Roggen (jeweils zu 50%). Das macht für mich wenig Mehrarbeit, weil ich aktuell beide Sauerteige täglich führe. Wenn Du das nicht machst, nimm einfach zu 100% Weizensauerteig wie im Rezept angegeben.
30-Minuten Sauerteigbrot ohne Kneten
Zutaten
Weizensauerteig
- 65 g Weizenmehl Tipo 0
- 65 g Wasser (40 °C)
- Der Rest Anstellgut (aktiv) vom Morgen
Hauptteig
- 118 g Weizensauerteig
- 420 g Tipo 0 Weizenmehl
- 46 g Alpenroggen
- 342 g Wasser
- 10 g Salz
Anleitungen
Sauerteige
- Die Zutaten für den Sauerteig sorgfältig mischen und bei Raumtemperatur über Nacht gehen lassen.
Hauptteig
- Alle Zutaten in ein Schüssel geben und mit einem Löffel vermischen. Der Teig sollte keine offensichtlichen Mehlklumpen mehr enthalten.
- Nach 15 Minuten den Teig auf eine leicht befeuchtete Arbeitsplatte geben und locker für 2-3 Minuten durchkneten. Zu einem runden Ballen formen und für 30 Minuten abgedeckt stehen lassen.
- Den Teig nach 30 Minuten erneut auf die befeuchtete Arbeitsfläche geben und vorsichtig von den Seite lang und breit ziehen (Laminieren). Den Teig im Anschluss auffalten und zurück in die Schüssel geben und abgedeckt bei Raumtemperatur für 5-7 Stunden gehen lassen. Der Teigling sollte in dieser Zeit ca. 75-100% an Volumen zulegen.
- Den Teigling vorsichtig in Form bringen, in ein Gärkörbchen geben und unbedeckt weitere 1,5 – 3 Stunden bei Raumtemperatur gehen lassen. Der Teig ist fertig, wenn er deutlich fluffig ist.
- Den Teig in den Kühlschrank geben und über Nacht gehen lassen.
- Am nächsten Morgen den Backofen mit einer gusseisernen Form auf 250 Grad aufheizen.
- Den Teigling vorsichtig stürzen, einschneiden, in die gusseiserne Form geben und insg. 40 Minuten backen. Nach 25 Minuten den Deckel entfernen und die Temperatur auf 225 °C herunterstellen.
No Comments