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Dämpfen ist die hochbegabte doch leider völlig unscheinbare Schwester des Kochens. Während das Kochen über die Jahrhunderte zur wahrscheinlich meist eingesetzten Gartechnik avanciert ist, fristet das Dämpfen ein niederschmetterndes Nischendasein. Zugegeben: das ist etwas übertrieben. Dennoch: Dämpfen wird phänomenal unterschätzt.
Was ist Dämpfen?
Unter „Dämpfen“ versteht man das Garen von Lebensmitteln in einem Dampf-durchlässigen Behältnis, z.B. einem Korb, der in einem weiteren, mit kochender Flüssigkeit gefüllten Gefäß, z.B. einem Topf, sitzt. Der aufsteigende Dampf kondensiert am Gargut und überträgt so die Hitze.
Dämpfen ist eine sehr sanfte Garmethode.
Es schont die Aromen und ist besonders geeignet für Gemüse wie z.B. Spargel, Sellerie und Kartoffeln sowie fragile Lebensmittel und Zubereitungen wie Fisch und Wan Tans.
Dämpfen erhält die Nährstoffe und Vitamine deutlich besser als das Kochen. Und: es führt häufig zu geschmacklich überlegenen Ergebnissen.
Dämpfen ist mit vielen verschiedenen Geräten möglich. Angefangen beim Bambuskörbchen (das es günstig in jedem Asia-Markt gibt) über Thermomix und Dampfgarer – die Liste verfügbarer Geräte ist lang.
In der Regel werden für das Dämpfen relativ kleine Einheiten verwendet wie Spargel, kleine Kartoffeln oder in kleine Stücke geschnittenes Gemüse. So kann die Hitze am effektivsten und effizientesten übertragen werden.
Wie funktioniert es?
Auf den ersten Blick erscheint es nicht logisch, dass Dämpfen schonender sein soll als Kochen. Immerhin ist Dampf ja deutlich heißer als Wasser. Und: wieso dauert das Dämpfen in der Regel länger als das Kochen?
Beim Dämpfen kondensiert ein Teil des aufsteigenden Dampfes am Gargut und bildet eine Art Schutzschicht, die das Gargut vor allzu großer Hitze schützt. Diese Schutzschicht nennt man Kondensationsfilm.
Außerdem befinden sich bei Obst und Gemüse in den randnahen Schichten viele Lufteinschlüsse. Wenn diese Lufteinschlüsse durch die Hitze aufplatzen, wird ein Teil der entweichenden Luft vom Kondensationsfilm zurückgehalten und bildet zusätzlich eine schützende Schutzschicht um das Gargut (vgl. Myhrvold, Young, Bilet, 2012, Bd. 2, S. 70).
Und zu guter letzt: Luft, auch wenn sie hoch mit Feuchtigkeit, also Wasser, gesättigt ist, überträgt Hitze schlechter als Wasser.
Während beim Kochen insbesondere Gemüse und Obst schnell ein „gekochtes“ Aroma annehmen, erhält das Dämpfen die natürlichen Aromen erheblich besser. Das Endprodukt schmeckt dadurch frischer, komplexer, natürlicher und – einfach besser. Ein perfektes Beispiel dafür ist Selleriepüree
Selleriepüree
1 mittel-große Sellerieknolle
100 – 150 ml Sahne
Salz
Pfeffer
500 ml
Hühnerfonds
Butter, optional
Den Sellerie schälen und in Stücke von max. 1 cm Kantenlänge schneiden. In einem geeigneten Gerät dämpfen bis er gar ist.
Dann in einer Küchenmaschine, optimalerweise einem Thermomix, mit der Sahne sehr fein pürieren. Ggfs. auf unter 60 Grad abkühlen lassen und nach Belieben Butter einarbeiten. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Passieren.
Wer Zeit uns Lust hat, stelle zwei Pürees her: eins mit gekochtem und eins mit gedämpftem Sellerie. Der Unterschied ist enorm.
Während die gekochte Variante nach Liebstöckel und sogar leicht nach Kohl schmeckt, überzeugt das Püree vom gedämpften Sellerie mit einer ungeahnten natürlichen Feinheit und geschmacklichen Klarheit. Der Unterschied ist erstaunlich.
Aber auch Kuchen lassen sich dämpfen. Der so reichhaltige wie geniale Schokoladenkuchen aus der Post in Odenthal wird z.B. im Kombidämpfer zubereitet. Dadurch bleibt er saftig und geht – wie gewollt – nicht hoch. Die Alternative zum sündhaft teuren Kombidämpfer ist ein Backofen, eine Schale Wasser und niedrige Temperatur.
Schokoladenkuchen aus der „Alten Post“, adaptiert für den Hausgebrauch
500 g Schokolade mit 65% Kakao-Anteil
8 Eier
300 g Butter
200 g Zucker
45 g Mehl
Mark von 1 Vanilleschote
Prise Salz
75 ml Orangensaft
Zucker und Eier schaumig aufschlagen. Die Schokolade mit der Butter im Wasserband vorsichtig schmelzen. Die Schokolade in die Ei-Zucker-Mischung geben, den Orangensaft, das Mehl und das Salz dazu geben. Eine Springform mit Backpapier auslegen und den Teig hinein geben.
Den Ofen auf 120 Grad Umluft vorheizen. Eine Schüssel mit heißem Wasser in den Ofen stellen. Den Kuchen 60 Minuten backen bzw. dämpfen. So wird der Kuchen wunderbar kompakt und bleibt flach.
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4 Comments
Grundlagen > Garmethoden > Kochen
16. Januar 2015 at 23:06[…] natürlichen Zuckergehaltes – und damit ihres Geschmacks – beim Kochen an das Wasser. Beim Dämpfen, Rösten oder Sautieren in Butter passiert das nicht (vgl. Myhrvold, Young, Billet, 2012, Bd. 2, S. […]
Was ist Geschmack? cookin'
19. Februar 2015 at 22:06[…] gilt: Dämpfen ist die Methode der Wahl. Wer ein Mal einen Selleriepüree mit gedämpftem Sellerie gekostet hat, […]
Andree
28. Januar 2016 at 8:25Bin erstmals nicht mit 100% Zustimmung dabei.
Mir ist dämpfen zu grob, kaum steuerbar. Jedenfalls für empfindliche Speisen. Bei Gemüse ist es meiner Erfahrung nach der beste weg, geschmacksarmes Gemüse zu bekommen. Eines der seltensten Garverfahren in meiner Praxis.
Oliver
28. Januar 2016 at 15:19Hi Andree,
bei Spargel und Knollensellerie habe ich sehr gut Erfahrungen gemacht. Ich gebe Dir allerdings Recht mit dem Thema „empfindlich“ – man muss schon auf die Garzeiten achten, sonst wird es fade.
Viele Grüße,
Oliver