Weizensauerteig ist, genau wie Roggensauerteig, eine tolle Sache. Brote mit Weizensauerteig anstatt Hefe sind aromatisch tiefer und runder, sie halten länger frisch und überzeugen durch eine röschere Kruste. Wenn sie richtig gut gemacht sind, sind Weizensauerteigbrote der kulinarische Himmel auf Erden. Ein bisschen Salzbutter dazu – und der Himmel hängt voller Geigen.
Gute Argumente also, nicht nur Roggen- und Roggenmischbrote mithilfe von Sauerteig zu backen sondern auch Weizenbrote.
Zumal die Verfügbarkeit spannender Mehlsorten wie den französischen T65- und T80-Weizenmehlen oder dem schweizer Ruchmehl sowie der reichlich verfügbare Input von Vordenkern wie Jeffrey Hamelman oder Chad Robertson viel Anregung und Raum zum Experimentieren geben.
Weizensauerteig – Unterschiede zum Roggensauerteig
Grundsätzlich gilt: das Allermeiste, was wir über Roggensauerteig wissen, stimmt auch für Weizensauerteig. Es gibt jedoch einige kleine, aber entscheidende Unterschiede:
- Roggensauerteig ist vor allem dazu da, bei Broten mit hohem Roggenanteil die Backfähigkeit sicherzustellen. Denn die Säure verbessert die Gashaltung im Teig. Außerdem balanciert die Säure den herben Roggengeschmack aus und macht die Brote besser verdaulich.
Weizensauerteig dagegen dient vor allem als Triebmittel und zur Abrundung des Geschmackes – die Säure ist hier weniger zentral als in Roggenbroten. - Weizensauerteig ist milder als Roggensauerteig – allerdings wird Weizengebäck auch leichter durch ein Zuviel an Säure geschmacklich beeinträchtigt.
- Weizensauerteig ist weniger gutmütig als Roggensauerteig. Er verlangt mehr Hege und Pflege – man muß sich mehr um ihn kümmern. Das bedeutet konkret:
- Weizensauerteig sollte idealerweise bei unmittelbar bei voller Reife verarbeitet werden. Spätestens 24 Stunden nach dem Auffrischen. Wenn Ihr den Sauerteig nicht direkt nach dem Auffrischen verarbeitet, lagert ihn im Kühlschrank.
- Es ist wichtig, bei der Führung den optimalen Temperatur-Korridor einzuhalten. Dieser liegt zwischen 25 und 30 Grad Celsius.
Was beeinflusst den Säuregehalt?
Wie oben beschrieben ist für Brote und Bötchen mit Weizensauerteig besonders wichtig, auf die Säure zu achten.
Grundsätzlich gilt als Daumenregel:
- Je weicher (höhere Teigausbeute),
- je wärmer der Sauerteig geführt wird und
- je höher die Typenzahl der Mehle
desto höher ist der Milchsäuregehalt im fertigen Weizensauerteig.
Bei Temperaturen von über 28°C ist die Säurebildung nach 12-16 Stunden abgeschlossen.
Weizensauerteig – Dosierung
Der optimale Anteil Sauerteig liegt – für Weizensauerteig – bei ungefähr 10% – im Verhältnis zur Gesamtmehlmenge. Für Weizenmischbrote könnt Ihr den Anteil etwas höher wählen. Für Rezepte mit kalter Führung solltet Ihr niedriger gehen, denn durch die lange Stockgare würde sich bei Anteilen deutlich über 5% die Säure zu dominant entwickeln.
Direkte Herstellung
- Brötchen, Baguette, Weißbrot: 10% Weizensauer
- Weizenmischbrote: 15% Weizensauer
Kalte (lange) Führung
- Brötchen, Baguette, Weißbrot, Weizenmischbrote: 5% Weizensauer
Weizensauerteig – ansetzen, umzüchten und auffrischen
Ansetzen
Grundsätzlich kann man Weizensauerteig nach derselben Methode ansetzen wie Roggensauerteig. Diese Methode ist auf unzähligen Seiten hinreichend gut beschrieben, deshalb verzichte ich an dieser Stelle darauf sie hier nochmal zu beschreiben. Eine gute, ausführliche Beschreibung findet Ihr zum Beispiel hier bei Hefe & Mehr.
Umzüchten
Ich persönlich habe mich mittlerweile dazu entschieden, keinen eigenen Weizensauerteig zu führen sondern ihn bei Bedarf um zu züchten. Das ist deshalb gut möglich, weil die in beiden Arten von Sauerteig weitgehend die gleichen Laktobakterien unterwegs sind. Der jeweilige Charakter der Sauerteige hängt nämlich nicht von der Art der Bakterien ab, die im Teig arbeiten, sondern von den jeweiligen Rahmenbedingungen durch das Weizen- bzw. das Roggenmehl. Aus diesem Grund ist es möglich, Roggensauerteig mit Weizen-Anstellgut anzusetzen und umgekehrt.
Auffrischen/ Führen
Bei 25 – 30 Grad liegt die Reifedauer bei 12 – 16 Stunden.
Das Vorgehen ist denkbar einfach:
100 g Weizenmehl 1050
100 g Wasser (40 – 45 Grad Celsius)
10 g Anstellgut
Das ASG gut im Wasser auflösen, dann das Ganze sorgfältig mit dem Mehl vermischen. Abgedeckt 12 – 16 Stunden ruhen lassen.
Und sonst noch?
- Ich persönlich mag es sehr, wenn Weizenbrote dunkel ausgebacken werden, denn durch die Maillard-Reaktionen entstehen jede Menge Röstaromen. Außerdem fördert das dunkle Ausbacken die Frischhaltung.
- Brotbacken im gusseisernen Topf ist der Knüller – nicht nur für Anfänger. Denn ein gusseiserner Topf schafft die quasi ideale Umgebung für ein Brot und sorgt für maximalen Ofentrieb. Als zum Thema „Backen in gusseisernen Töpfen“ findet Ihr hier.
- Wenn Ihr die ersten Schritte mit Eurem Weizensauerteig gegangen seit, versucht doch mal, Weizensauerteig und Roggensauerteig in einem Rezept zu kombinieren. Glaubt mir, es lohnt sich.
Zu diesem Rezept und weitere gute Rezepte
- Das Rezept ist etwas trickreich wenn man die zusätzlich angegebenen 50 ml Wasser mit verbacken will. Dann bedarf es nämlich eines Mehls mit guten Wasserbindungs-Fähigkeiten sowie eines eher erfahrenen Bäckers. Für den Anfang empfiehlt es sich demnach, für den ersten Versuch die 50 ml Wasser wegzulassen.
- Wer Zweifel an der Triebkraft seines Weizensauerteiges hat, der gibt einfach 6 g Frischhefe dazu.
Weitere leckere Rezepte mit Weizensauerteig findet Ihr hier:
Traditionelles französisches Sauerteig-Baguette bei Schelli
Pain au levain mit zwei Sauerteigen bei Dietmar Kappl
Pain au levain nach Jeffrey Hamelman bei Bernds Bakery
Weizensauerteig-Brot
Zutaten
Für den Sauerteig
- 20 g Aktives Anstellgut (Weizen- oder Roggen)
- 100 g 1050er Weizenmehl
- 100 g Wasser (40 – 45 Grad)
Für das Altbrot-Quellstück
- 50 g Altbrot (geröstet und gemahlen)
- 80 g Wasser
Für den Hauptteig
- 200 g Sauerteig (von oben)
- 100 g 1050er Weizenmehl
- 325 g T 65-Mehl (alternativ: 550er Weizenmehl)
- 250 g Wasser
- 50 g Wasser (für Mutige 🙂 )
- 13 g Salz
Anleitungen
Für den Sauerteig
-
Alle Zutaten mischen. Bei 25 – 30 Grad 10 – 12 Stunden reifen lassen.
Altbrot-Quellstück
-
Die Zutaten mischen und das Ganze abgedeckt mindestens eine halbe Stunde quellen lassen.
Für den Hauptteig
-
Die Mehle und die 250 g Wasser mischen und mindestens eine halbe Stunde zur Autolyse stehen lassen.
-
Alle weiteren Zutaten dazu geben. Im Thermomix zwei Minuten im Linkslauf kneten.
In der zweiten Minute vorsichtig die restlichen 50 ml Wasser zugeben.
-
Den Teig für 2 – 3 Stunden an einem warmen Ort (idealerweise 24 – 25 Grad) ruhen lassen, dabei zwei Mal dehnen und falten.
-
Im Anschluss den Teig vorformen und 15 Minuten entspannen lassen.
Dann formen und in den Gärkorb verfrachten.
-
Den Teig im Gärkorb ein bis zwei Stunden Stunden bei 24 – 25 Grad gehen lassen.
-
Den Teig vorsichtig aus den Gärkorb stürzen und bei 270 Grad auf 230 Grad fallend mit viel Dampf 40 Minuten backen.
Nach 15 Minuten den Dampf ablassen.
Besser noch: das Brot in einem gusseisernen Topf backen. Dazu den Topf bei 250 Grad eine halbe Stunde vorheizen. Dann das Brot in den Topf geben, 250 Grad mit Deckel backen. Dann den Deckel abnehmen und das Brot 15 Minuten fertig backen.
Die letzten 10 Minuten die Backofen-Tür einen Spalt offen lassen – so entwickelt sich eine schöne Kruste