Eis methoden & zusammenhänge

Exkurs Eis & Sorbet (2/5): Was ist Eis und woraus besteht es?

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Eiscreme besteht zu 55 bis 64 Prozent Wasser. Darin gelöst sind Milchfett, Milchtrockenmasse (kein Fett), Zucker und ein geringer Anteil Emulgatoren (i.d.R. Eigelb und/ oder Gelatine) und Stabilisatoren.

Wasser ist nichts Schlimmes. Im Gegenteil: ein hoher Wasseranteil ist ganz natürlich. Ein Steak besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Eine Gurke sogar zu über 90 Prozent (damit enthält eine Gurke mehr Wasser als Rotwein).

Entscheidend für die empfundene Qualität des Eises sind die Eiskristalle, die beim Gefrierprozess entstehen.

Wasser

Die Zahl der Eiskristalle bestimmt die Härte des Eises, die Größe der Eiskristalle die Textur und das Mundgefühl. Sehr viele, sehr kleine Eiskristalle sorgen für ein besonders weiches und cremiges Mundgefühl. Allerdings darf das Wasser ein bestimmtes Volumen nicht überschreiten. Denn grundsätzlich gilt: je höher der Wasseranteil, desto schwieriger ist es, ein Eis zu erzeugen, das einen guten Körper hat, cremig ist und beim Auftauen nicht sofort in alle Himmelsrichtungen zerfließt.

Eiskristalle können dummerweise auch entstehen, wenn das Eis schon fertig ist: bei der Lagerung. Wasser bildet in Abhängigkeit der Lagertemperatur in unterschiedlichem Ausmaß Eiskristalle aus. Dabei gilt: je kälter desto weniger Kristallbildung. Würde man ein Eis bei -5 Grad – bei dieser Gradzahl kommt es nämlich aus der Eismaschine – für längere Zeit lagern, würden sich zügig große Kristalle bilden, die sich merklich negativ auf die Cremigkeit auswirken.

Die -18 Grad, die üblicherweise im herkömmlichen Haushaltstiefkühler vorherrschen, sind schon deutlich besser. In der industriellen Herstellung wird Eis sogar bei -30 Grad gelagert. Bei dieser Temperatur bilden sich quasi keine Kristalle mehr, sie ist jedoch für den Verzehr und das Portionieren völlig ungeeignet.

Ein Kompromiss sind die -15 Grad, die in der Gastronomie zur Anwendung kommen. Die Kristalle bilden sich relativ langsam aus, das Eis ist hinreichend gut portionierbar. Dabei muss das Eis jedoch einigermaßen zügig verbraucht werden. Lagert das Eis länger als zwei oder maximal drei Tage, leidet die Qualität.

Fett

Fette erhöhen die Stabilität des Eises, genauer: die Formstabilität und den Schmelzwiderstand. Sie bewirken eine cremige, glatte Textur und sind gleichzeitig Aromaträger.

Denn: Aromen sind überwiegend fett-löslich. Ein gewisser Fett-Anteil im Eis hilft demnach, die Aromen aus den Grundprodukten „heraus zu kitzeln“.

Aber: Fette geben Geschmack und Aroma langsamer frei als zum Beispiel Wasser. Je höher also der Fettanteil, desto langsamer werden die Aromen freigesetzt. Das kann sehr interessant sein, wenn man z.B. ein Eis mit einem möglichst langen Abgang, analog einem guten Wein, herstellen möchte.

Es gilt jedoch: mehr ist nicht unbedingt besser. Langsam kann nämlich auch bedeuten: quasi gar nicht.

Hier ist Trial-and-error gefragt: ersetzt man zum Beispiel für ein Frucht-Rahmeis auf Sahne-Basis die Sahne komplett durch Mascarpone, erhält man ein dumpfes, gebremstes, nahezu ungenießbares Freak-Eis.

Daumenregel: Für Eis auf Sahnebasis empfiehlt es sich, Sahne und Milch im Verhältnis 1:1 zu mischen!

An dieser Stelle erschließt sich übrigens auch der Sinn und Zweck eines Sorbets, das in der klassischen Menufolge (i.d.R. mit frischen Aromen wie Zitrus u.ä.) gerne als so genannter „Palate cleanser“, also als Gaumensäuberer eingesetzt wird: durch den Fettanteil von 0 ist das Geschmackserlebnis schnell und heftig – aber nicht sehr lang anhaltend. Das ideale Sorbet explodiert quasi im Mund, verschwindet zügig und hinterlässt einen aufgeräumten Gaumen. Nutzt man für diesen Zweck Lebensmittel mit hoher Säure, wie z.B. die traditionell verwendeten Zitrusfrüchte, regt die Säure zusätzlich den Speichelfluss an und der Gast kann den folgenden Gang kaum noch erwarten.

Milchfett

Milchfett lässt den Geschmack des Eises reichhaltiger erscheinen. Es intensiviert die Wahrnehmung zugesetzter Aromen, sorgt für eine cremige Textur, bewirkt eine Zunahme des „Körpers“ und beeinflusst die Schmelzeigenschaften positiv. Außerdem senkt es den Gefrierpunkt.

Pflanzliches Fett

Alternativ zu Milchfetten werden in der Eiscremeproduktion auch Pflanzenfette eingesetzt. Für den Gastronomie- und Hausgebrauch sind insbesondere Produkte sinnvoll, die dem Eis zusätzlich Geschmack und Charakter verleihen. Sehr gut geeignet sind z.B. Kokosmilch und Olivenöl.

Insbesondere Olivenöl fördert die Cremigkeit, gibt einen sehr schönen, fruchtig-herben Geschmack und passt ganz hervorragend zu Vanille, Schokolade, vielen Obstsorten (Zitrusfrüchte, Mango etc.) und Kräutern wie Basilikum.

Olivenöl-Eis

Feststoffe

Fettfreie Milchtrockenmasse

Die fettfreie Milchtrockenmasse ist wichtig. Denn sie verbessert:

  • die Textur aufgrund der Proteine,
  • den Körper und das cremigen Mundgefühl durch das Stabilisieren der Emulsion,
  • den Overrun – also das Einschlagen von Luft in die Grundmasse – ohne die Gefahr, dass die Masse ausflockt bzw. „schneeig“ wird (möglich wird der Overrun übrigens durch dieselben Proteine, die auch für den Milchschaum im Latte Macciato verantwortlich sind),
  • die Stabilität des Eises, indem sie die Fett-Tröpfchen stabilisiert (vgl. Blumenthal, 2008, S. 433).
  • Außerdem senkt die Fettfreie Milchtrockenmasse den Gefrierpunkt.

Aber Vorsicht: die Milchtrockenmasse ist für einen großen Teil des Overruns verantwortlich. Wenn man es übertreibt, wird das Eis zu „luftig“ und damit instabil (vgl. Blumenthal, 2008, S. 433; Marshall, Goff, Hartel, 2003, S. 28).

Sonstige Feststoffe

Sonstige Feststoffe sind solche, die nicht aus der fettfreien Milchtrockenmasse oder aus dem Fett kommen, z.B. Feststoffe aus Nüssen, Schokolade, Obst etc .

Zucker

Grundsätzlich sind alle Arten von Zucker möglich. Speziell Glukosesirup und Invertzucker-Sirup wirken sich positiv auf die Cremigkeit des Eises aus.

Emulgatoren und Stabilisatoren

Emulgatoren sind der Kleber, der Wasser und Fett zu einer stabilen Emulsion verbindet. In allen Eis-Sorten, die Fett enthalten, ist eine stabile Emulsion die substantielle Grundlage für ein cremiges Mundgefühl.

Daumenregel: eine stabile Emulsion ist die wichtigste Voraussetzung für cremiges Eis.

Eigelb, das in vielen traditionellen Eis-Rezepten als Emulgator eingesetzt wird, ist übrigens deutlich mehr als nur ein Emulgator (nicht mal 1 % des Eigelbs ist Lecithin). Es ist auch für Geschmack und die gute Verteilung und Bindung des Milch–Fettes notwendig (vgl. Blumenthal, 2008, S. 434).

Stabilisator

Stabilisatoren geben Struktur und – wie der Name schon sagt – Stabilität. Sie verbessern das Mundgefühl, verhindern die Bildung von Eiskristallen in der Tiefkühlung und stellen sicher, dass das Eis auch außerhalb der Tiefkühlung ausreichend lang seine Form behält. Das bedeutet: dass es nicht auf dem Weg von der Küche zum Tisch schmilzt (vgl. Blumenthal, 2008, S. 434).

Die wesentlichen Eigenschaften von Stabilisatoren sind:

  • Sie erhöhen die Viskosität des Mixes.
  • Sie verhindern die Trennung vom wässrigen Teil der Milchprodukte.
  • Sie stellen die Verteilung der Geschmacksgebenden Partikel sicher.
  • Sie erhöhen die Stabilität des fertigen Schaums (=Eis mit Overflow).
  • Sie verlangsamen das Wachstum von Eiskristallen, insbesondere bei Temperaturschwankungen
  • Sie verhindern das Austrocknen.
  • Sie erhöhen die Cremigkeit der Textur (vgl. Marshall, Goff , Hartel, 2003, S. 34)

Weiterführende Links:

Exkurs Eis & Sorbet (1/5)
Exkurs Eis & Sorbet (3/5)

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2 Comments

  • Reply
    Exkurs Eis & Sorbet (3/5): Qualitätsmerkmale
    30. September 2014 at 19:35

    […] Exkurs Eis & Sorbet (2/5) […]

  • Reply
    Exkurs Eis & Sorbet (1/5): Einführung
    30. September 2014 at 19:40

    […] Exkurs Eis & Sorbet (2/5) […]

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