Fisch & Meeresfrüchte Sommer

Fressen oder Moral? Thunfisch Tartar und existentielle Fragen…

Am Thunfisch hat sich in den vergangenen Jahren eine Diskussion entzündet, die exemplarisch das Dilemma unseres Lebensstils aufzeigt. Denn: Maßlosigkeit und konsequentes Gewinn-Streben haben dazu geführt, dass viele Thunfisch-Arten vom Aussterben bedroht sind. Die Folge: das Mittelmeer ist durch die japanischen (!) Fangflotten weitgehend leer gefischt und die Bestände in den, nun in den Fokus gerückten, tropischen und subtropischen Gewässern werden massiv dezimiert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis – bei unverändertem Vorgehen  – beim Thunfisch die Lichter ausgehen. Dass vorher schon zum Beispiel Aale und Seezungen verschwunden sein werden, macht die Sache nur noch schlimmer.

Und der Thunfisch, bzw. die Folgen des ausufernden Konsums, steht eben nur exemplarisch für fast alle Tiere, die wir essen: Rinder tragen durch Soja-Futter und Blähungen massiv zum Klimawandel bei, Hühner sind bis oben hin vollstopft mit Antibiotika, Schweine auch und Lachsfarmen in Norwegen oder Chile haben unabsehbare Folgen für ihre Umgebungen.

Stellt sich also – stellvertretend für im Prinzip alle Tiere – die Frage: darf man Thunfisch essen?

Zu den Fakten

Thunfische sind Raubfische, die zur Familie der „Thunfische und Makrelen“ gehören. Sie kommen in allen tropischen, subtropischen und gemäßigten Gewässern vor.

Es gibt acht Arten, deren Namen teilweise von der Farbe der zweiten Rückenflosse („Blue fin“, „Yellow fin“), teilweise von anderen besonderen körperlichen Merkmalen herrühren wie z.B. beim Langschwanz-Thunfisch.

Von den acht Arten sind die meisten gefährdet, einige wie z.B. die Blauflossen-Thunfische und der Rote Thun sogar stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Der Gelbflossen-Thun dagegen ist aktuell „gering gefährdet“ – was auch immer das heißt.

Außerdem wird Thunfisch international noch immer auch mit Treibnetzen gefangen. Diese Methode ist aufgrund des erheblichen Volumens an Beifang hochproblematisch und in der EU verboten.

Und die Lösung?

Es gibt keine einfache Patentlösung. Die Welt ist komplex und einfache Lösungen sind zwar verführerisch aber selten hilfreich. Deshalb kommt es mir auch wenig sinnvoll vor, bestimmte Produkte kategorisch vom Speiseplan zu streichen. Denn: selbst wer rein vegan lebt, trägt, so er denn sein Gemüse für kleines Geld im Discounter kauft, massiv zur Schädigung der Umwelt bei.

Einen – aus meiner Sicht – sehr spannenden Ansatz verfolgt der Gastrosoph Harald Lemke. Der vertritt das Konzept, nicht einzelne Nahrungsmittel radikal zu streichen, sondern in Summe achtsamer zu konsumieren (ein sehr schöner Einstieg in das Thema ist dieses GEO-Interview) und den Konsum problematischer Lebensmittel schrittweise zu reduzieren und/ oder auf nachhaltige Produkte umzustellen. Das bedeutet:

  • Hoch-problematische Lebensmittel wie Fleisch und Fisch – Schritt für Schritt – reduzieren.
  • „Besser“ kaufen, bei lokalen Produzenten bei denen man sich optimalerweise ein Bild machen kann, wie die Lebensmittel produziert werden.
  • Realistisch Ziele setzen: nicht ab Morgen Hardcore-Veganer werden sondern die konsumierten Mengen bewußt herunter fahren – und zwar in einem Umfang, dass der Genuss nicht auf der Strecke bleibt.

Ich persönlich finde diesen Ansatz sehr vernünftig und aufgreifenswert. Wir haben unseren Fleischkonsum so seit Sommer um locker 50% reduziert ohne dass wir irgendetwas vermissen würden.

Mit dem Thema Thunfisch halten wir es analog folgendermaßen:

  • Wir essen grundsätzlich, auch im Restaurant, keine der stark bedrohten Arten.
  • Wir verzichten auf Dosen-Thunfisch und alles was mit diesem Produkt zu tun hat. Denn: in den Dosen ist nicht nachvollziehbar, welche Arten verarbeitet worden sind.
  • Wir haben unseren Thunfisch-Konsum, wie beim Fleisch, deutlich reduziert. Wenn wir Thunfisch kaufen, dann fragen wir nach der Art, Fangmethode und Herkunft und zahlen im Zweifelsfall ein paar Euro mehr.
  • Wir konsumieren Thunfisch selten und dann achtsam.

Flavour Pairing

Lust, eigene kreative Rezepte zu entwickeln? Hier findet Ihr eine Übersicht, welche Lebensmittel gut zu Thunfisch passen:

Flavour Pairing Thunfisch

Neugierig geworden? Eine Einführung in das Thema Flavour Pairing gibt es hier!

Mehr Flavour Pairing-Bäume findet Ihr hier!


Thunfisch-Tartar, asiatisch mariniert

Unabhängig der – für diesen Blog – vergleichsweise ernsthaften Einleitung ist dieses Rezept wirklich sehr, sehr lecker. Müsste ich eines der hier publizierten Rezepte als unbedingt nachahmenswert empfehlen, es wäre wohl dieses hier.

70 – 80 g Thunfisch pro Nase, Sushi-Qualität
2 EL indonesische Soja-Soße
Saft von 1/2 Limette
2 – 3 EL  Mirin
1 TL frischer Ingwer, sehr fein geschnitten
1 TL Senf, mittelscharf
Wasabi nach Vorliebe, wir nehmen ca. 2 cm
1 Spritzer Sesamöl
Frische Chili nach Vorliebe, sehr fein geschnitten
1 EL frischer Koriander
Grünzeug zum Garnieren, hier Purple Shiso- und Mustard-Kresse

Den Thunfisch mit einem möglichst scharfen Messer so zärtlich wie möglich in kleine Würfel schneiden – das Fleisch sollte dabei möglichst wenig gequetscht werden.

Alle anderen Zutaten mischen.

Den Thunfisch einige Minuten vor dem Servieren mit der Vinaigrette mischen und durchrühren.

Thunfisch 1 HK 900


Dazu passt…

Wittmann

Weingut Wittmann – Riesling Westhofen 2012

Das Weingut Wittmann gehört zu den absoluten Top-Betrieben in Deutschland wenn es um Riesling geht. Die Großen Gewächse (GG) spielen nicht nur jedes Jahr auf den vorderen Plätzen mit – sie beweisen mittlerweile auch ihr Alterungspotenzial. Kurzum: hier geht es um große Weine, die allerdings auch ihren Preis haben. Unter 40€ geht nicht mehr viel.

Wie schön, dass es den Riesling Westhofen gibt. Als Ortswein in der Hierarchie zwischen Gutswein und  GG angesiedelt, überzeugt er mit einem phänomenalen Preis-Leistungsverhältnis und einer, auf sehr hohem Niveau,  unkomplizierten Trinkigkeit. Man kann den Wein auf der einen Seite entspannt ein paar Jahre im Keller vergessen und muss sich auf der anderen Seite den Kopf nicht darüber zerbrechen, ob er zu jung sein könnte oder dekantiert werden muss. Hier gilt: Korken raus, eingeschenkt und ab geht die Post.

Die massige Statur dieses Rieslings passt sehr gut zum sehr würzigen, und je nach gewählter Chili-Menge, scharfem Thunfisch Tartar. Dabei wirkt der Riesling Westhofen niemals übermäßig opulent, was unter anderem an der knackigen Säure liegt. Um es kurz zu machen: der Riesling Westhofen passt zu diesem intensiven Gericht, als wäre er dafür gemacht worden.


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Applaus ist das Brot des Künstlers!

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6 Comments

  • Reply
    Eline
    13. Januar 2016 at 13:17

    Ich finde, Fressen und Moral sind für gutsituierte Leute locker unter einen Hut zu bringen. Ganz anders sieht es für Menschen aus, die Mangel leiden oder gar hungern müssen. Da verstehe ich, wenn die Moral nich tso wichtig ist, wie das Überleben.
    Aber wir, hier im Überfluss, wir können bei allen Produkten auf die Moral schauen, bei Kleidung, technischen Geräten und bei Lebensmitteln. Und meist profitieren wir auch noch von der Moral, weil das artgerecht gezüchtete und auf Weiden gehaltene Rind auch noch besser schmeckt.
    Bei Fisch und Meerestieren wird es schwierig. Ich esse Thunfisch (fast) nur, wenn ich weiss, dass er von kleinen Fischereigenossenschaften gejagt wurde. Bei Konserven (roter Thunfischbauch aus Sizilien in gutem Öl, eine Köstlichkeit) geht das leicht, wenn auch ins Geld 😉
    Bei Thunfisch beschränke ich mich auf das vor Ort-Geniessen und auf erstklassige Konserven. Da die traditionelle Mattanza in Sizilien und Sardinien aufgrund der industriellen Fischerei immer weniger Ertrag bietet, ist das gar nicht oft, dann aber umso genussvoller. Leider sehen auch Tierschützer nur das Blut und das Schlachten der Tiere in den Buchten, wenn diese nachhaltige Art des Thunfischfangs betrieben wird, und behandeln die Fischer wie Mörder. Das wahre Massengemetzel und die Vernichtung von Beifang auf hoher See sehen sie ja nicht!
    P.S. Ich fände es schön, wenn du deinen Blog mit FB verlinkst, das wäre einfacher zum posten. Ich muss mich hier immer wieder neu anmelden.

    • Reply
      Oliver
      14. Januar 2016 at 20:11

      Liebe Eline,

      um die facebook-Verlinkung kümmere ich mich.

      Ich würde mich ja sehr freuen, wenn schon mal viele gutsituierten Leute Fressen und Moral unter einen Hut bringen würden – nach meiner Wahrnehmung ist das aber nur in Ausnahmefällen so.

      Deinen Art und Weise Thunfisch zu konsumieren finde ich sehr gut nachvollziehbar. Umso trauriger erscheint mir die Behandlung, die den Fischern widerfährt. Das passt allerdings zu meiner Wahrnehmung, wie die Diskussion über den Verzehr von Fisch und Fleisch vielfach geführt wird – nämlich erschreckend undifferenziert, aggressiv und radikal.

      Deshalb gefällt mir der vernünftige und sanfte Ansatz von Harald Lemke umso besser.

      Viele Grüße,

      Oliver

  • Reply
    Eline
    15. Januar 2016 at 9:50

    Harald Lemke???

    • Reply
      Oliver
      15. Januar 2016 at 11:13

      Das ist der Gastrosoph, den ich weiter oben im Text erwähne. Das Geo-Interview http://www.geo.de/GEO/natur/green-living/ernaehrung-warum-haben-sie-unser-essen-satt-herr-lemke-79973.html finde ich ziemlich spannend…

      • Reply
        Eline
        15. Januar 2016 at 13:49

        Ah ja, ich und Namen! Hab ich gelesen. Prinzipiell bin ich auf seiner Linie, vor allem, was Genuss und die Abschaffung von Massentierhaltung betrifft. Allerdings halte ich 1 x Woche Fleisch für unrealistisch und auch nicht für sinnvoll. Wenn man Weidetiere from Nose to tail verwerten will, dann muss der Knochen für die Suppe geradezu sein. Tofu und Seitan haben für mich ihren Platz in der asiatischen Tradition, stellen aber für Europäer kein Äquivalent zu Fleisch dar, schon gar nicht die plastikverschweissten Industrieprodukte, die die Regale der veganen Supermärkte füllen.

        • Reply
          Oliver
          16. Januar 2016 at 20:25

          Was Tofu und Saitan angeht bin ich ganz bei Dir.

          Bzgl. 1 x die Woche: wenn der Ochse aus der Umgebung kommt und komplett verwertet wird, spricht mit Sicherheit nichts gegen mehr Fleisch. Ich verstehe das Statement „1 x die Woche“ auch mehr als Denkanstoß und großes Ziel.

          Mit veganen Supermärkten tue ich mich grundsätzlich schwer: wenn man z.B. schaut, welche Zusatzstoffe sich im veganen Sahne-Ersatz tummeln, dann kann die Lösung auch nicht sein…

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