Theorie

Ciabatta mit Roggen- und Vollkornanteil

Achtung!!! Dieser Text enthält unbezahlte (und unaufgeforderte 🙂 ) Werbung…

Irgendwie hat es das Ciabatta schwer bei uns zuhause. Ich backe Baguettes am laufenden Band und in den verschiedensten Varianten – und klassische Brote sowieso. Aber Ciabatta backe ich quasi gar nicht und, wenn überhaupt, nur nach diesem Rezept.

Nun habe ich im Urlaub das erste Mal von vorne bis hinten das überaus lesenswerte Buch „Open Crumb Mastery“ von Trevor Wilson gelesen. Und dort wird, ausgerechnet, das Ciabatta als guter weil relativ leichter Einstieg in die Welt der Brote mit großer und größter Porung vorgeschlagen.

Also kam es nach unserem Urlaub wie es kommen musste: Ciabatta-Backen war angesagt…

Neben einem richtig genialen Rezept aus 100% Ruchmehl (kommt mit dem nächsten Posting) hat es mir besonders diese Version angetan: denn das backstarke Mehl der Biomühle Eiling verträgt auch lange kalte Garen von 48 Stunden (und sogar mehr) und der jeweils knapp 9%ige Anteil Roggen- und Weizenvollkornmehl sorgt für jede Menge tolle Geschmack.

Das Rezept ist allerdings nichts für Bäcker mit schwachen Nerven. Die Teigausbeute ist mit 180 relativ hoch, die Stockgare im Kühlschrank ist mit 48 Stunden ziemlich lang. Der Teig ist feucht und weich. Ein gutes Fingerspitzengefühl ist sehr hilfreich. Denn wer für die abschließende Stückgare das Bäckerleinen nicht sehr (!!!) ausführlich bemehlt, der bekommt es mit einer größeren Klebe-Herausforderung zu tun.

Warum Ihr Euch das trotzdem antun solltet?

Bei richtiger Behandlung bekommt Ihr herrlich saftige, leichte Ciabattas mit einer tollen, großen Porung und einer phänomenal knusprigen, aromatischen Kruste.

Mithin: Die Ciabbatas sind schon verdammt lecker und zum Grillen gibt es kaum etwas besseres…

Ciabatta

Wichtig für das Gelingen der Ciabattas sind folgende Faktoren:

Backstarkes Mehl

Für die kalte Langzeitführung über 36 Stunden hinaus sollte das Mehl „backstark“ sein, also einen relativ hohen Gluten- bzw. Proteingehalt haben. Dieser hohe Glutengehalt sorgt dafür, dass die Enzyme den Teig während der langen Gare nicht so stark schwächen können, dass er seine Struktur verliert. Gut eignet sich z.B. dass backstarke Mehl der Biomühle Eiling, es funktionieren aber auch Ruchmehl, Hartweizenmehl oder Manitobomehl wunderbar.

Wenn Ihr keines dieser Mehle vorrätig habt, ist das kein Problem. Ersetzt das Mehl einfach durch 550er Weizen und verkürzt die Gare auf maximal 36 Stunden. Die kürzere kalte Stockgare könnt Ihr wiederum durch eine etwas längere (warme) Stückgare ausgleichen.

Kalter Kühlschrank

Die im Rezept angegeben Zeiten beziehen sich auf eine Kühlschrank-Temperatur von 3 – max. 4 Grad. Wenn Euer Kühlschrank wärmer ist, läuft die kalte Gare deutlich schneller ab. Wenn Ihr Euch unsicher seid, stellt mal ein Thermometer in den Kühlschrank. Der Unterschied zwischen den Herstellerangaben und der tatsächlichen Temperatur im Kühlschrank ist vielfach erstaunlich.

Nicht sklavisch an die im Rezept angegebenen Zeiten halten

Bei allen Brotrezepten gilt: Zeit-Angaben sind nur als Hinweise zu verstehen, denn die tatsächlichen Zeiten für Stockgare und Stückgare hängen stark von der Teigtemperatur, der Umgebungstemperatur und, bei Sauerteigbroten, von der Aktivität des Anstellgutes ab.

Deshalb gilt auch hier: haltet Euch weniger an die angegebenen Zeiten sondern beobachtet Euren Teig aufmerksam. Die kalte Langzeitführung ist zum Beispiel fertig, wenn der Teig sein Volumen mehr als verdoppelt hat und der Teig deutlich von mittel-großen Blasen durchzogen ist (siehe dazu auch die Step-by-step Fotos).

Sanft & vorsichtig

Man muss für dieses Ciabatta kein Teig-Magier sein. Eine sanfte und vorsichtige Hand reicht völlig aus. Die allerdings ist tatsächlich nötig, denn wir wollen möglichst viele, der im Teig während der kalten Langzeitgare gebildeten, Gasbläschen erhalten. Vorsichtiges Vorgehen ist besonders an diesen Stellen angesagt:
1.) Den Teig so vorsichtig wie möglich aus der Schüssel holen. Zunächst mit dem Teigschaber die Ränder lösen, dann vorsichtig auf die Arbeitsplatte gleiten lassen.
2.) Die Teiglinge auf keinen Fall formen, sondern lediglich sanft mit der Teigkarte in Form schieben. Danach auf ein sehr (!!!!) gut bemehltes Bäckerleinen verfrachten. Ich kann das „sehr“ nicht genug betonen. Der Teig ist feucht, weich und klebrig. Und ich bin immer wieder überrascht, dass er trotz reichlichst Mehl dann doch an der ein oder anderen Stelle festklebt.
3.) Das Überführen der Teiglinge vom Bäckerleinen auf das Backpapier ist der Schritt, der mir persönlich am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Denn die Teiglinge kleben tatsächlich trotz reichlich Mehl immer mal wieder an. Wenn Ihr hier kühlen Kopf bewahrt und klebende Stellen vorsichtig mit der Teigkarte löst, könnt Ihr auch diese Herausforderung problemlos meistern.

Ciabatta – Step-by-step

5 von 1 Bewertung
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Ciabatta mit Vollkorn- und Roggenanteil

Autor Oliver

Zutaten

Vorteig

  • 50 g Weizen-Vollkornmehl
  • 50 g Alpenroggen, alternativ Roggenmehl 1150
  • 80 g Weizenmehl backstark, alternativ Weizenmehl 550
  • 180 g Wasser
  • 0,3 g Hefe

Hauptteig

  • Vorteig
  • 400 g Weizenmehl backstark, alternativ Weizenmehl 550
  • 285 g Wasser
  • 20 g Olivenöl
  • 13 g Salz
  • 3 g Hefe

Anleitungen

Vorteig

  1. Alle Zutaten gut mischen und abgedeckt bei Raumtemperatur 8 – 14 Stunden gehen lassen. Der Vorteig ist fertig, wenn er gut sichtbar mit Bläschen durchzogen ist.

  2. Der Vorteig kann, wenn nötig, mehrere Tage bis zur Verwendung im Kühlschrank gelagert werden.

Hauptteig

  1. Mehl und Wasser mischen und abgedeckt eine halbe Stunde stehen lassen (Autolyse).

  2. Alle weiteren Zutaten incl. des Vorteiges dazu geben.

  3. Variante Thermomix

    Den Teig im Linklauf auf Stufe 5 für zwei Minuten kneten. Das ist völlig ausreichend.

  4. Variante Küchenmaschine (Kenwood & Co.)

    Den Teig erst 3 Minuten auf niedrigster Stufe, dann weitere 5 – 10 Minuten auf zweiter Stufe zu einem glatten, gut dehnbaren Teig kneten.

  5. Den Teig abgedeckt bei Raumtemperatur eine Stunde "anspringen" lassen. Dabei alle 15 Minuten dehnen und falten.

  6. Den Teig 48 Stunden bei 3 – 4 Grad im Kühlschrank lagern.

  7. Nach 48 Stunden den Teig aus dem Kühlschrank nehmen. Den Teig vorsichtig aus der Schüssel lösen, auf eine stark bemehlte Arbeitsfläche geben und in drei Teile teilen. Dabei möglichst vorsichtig vorgehen und den Teig nur leicht in Form schieben.

  8. Die Teiglinge umgedreht (!) auf ein stark bemehltes Bäckerleinen oder Küchentuch legen und eine Stunde bei ca. 24 – 26 Grad zur Stückgare anstellen. Die Teiglinge sind fertig, wenn sie ihr Volumen deutlich (!) vergrößert haben.

  9. Die Teiglinge mit viel Dampf bei konstant 260 Grad für 20 – 25 Minuten backen. Den Dampf nach 10 Minuten ablassen.

    Achtung! Mein Ofen ist schon etwas älter und wird nicht so heiß wie neuere Modelle. Wenn ihr einen Ofen mit mehr Bumms habt, müsst Ihr die Temperatur ggfs. zum Ende hin etwas runterdrehen.



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2 Comments

  • Reply
    Patricia
    31. Oktober 2020 at 12:36

    5 stars
    Lieber Oliver,

    gestern habe ich Deine Ciabattas gebacken.
    Sie sind super geworden!!!!
    In der Eile die Teiglinge heil auf den Leinen zu bekommen, habe ich sie leider nicht umgedreht.
    Trotzdem und wie schon gesagt, sind die Brote toll geworden.
    Warum sollte man die Teiglinge umdrehen? Werden die Stücke dadurch schöne oder besser irgendwie?
    Auf jedem Fall vielen Dank für Deine tolle Rezepte!

    Schöne Grüße
    Patricia

    • Reply
      Oliver
      10. November 2020 at 20:33

      Liebe Patricia,

      Danke für Dein Feedback 🙂

      Man soll die Teiglinge umdrehen, weil sich beim Ciabatta gerne die großen Luftblasen „oben“, also unterhalb der oberen Kruste sammeln.

      Durch das Umdrehen kann man das – zumindest teilweise – verhindern.

      Viele Grüße,

      Oliver

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