Theorie

Auf die Brühe, fertig, los (Teil 2): Dashi

Woran denkst Du, wenn Du das Wort „Geschmacksverstärker“ hörst?

Vermutlich an Ungutes wie industriell hergestelltes Glutamat (MSG), E-Zusatzstoffe und Magenprobleme. Das hat durchaus seine Berechtigung. Zumal die Industrie, mit freundlicher Unterstützung der Politik und auch der Medien, immer neue Wege findet, dem kritischen Verbraucher Glutamat versteckt hinter neuen Begrifflichkeiten unterzujubeln.

Vor vielen Jahren stand noch transparent Glutamat auf den Verpackungen. Dann wurde der Stoff in „Hefeextrakt“ umbenannt. Seit einigen Jahren verschwindet nun auch der Begriff „Hefeextrakt“ von den Verpackungen.

Nicht, weil die Industrie plötzlich das Wohl der Verbraucher im Visier hätte. Nein, es gibt ein neues Wort: „Würze“. Das stand schon ganz, ganz früher auf den Maggi-Flaschen und hat nun wieder Einzug gehalten auf die Etiketten unter anderem von Instantbrühen. Dahinter versteckt: Glutamat.

Nun könnte man einwenden, dass es keinerlei wissenschaftliche Beweise für die Gesundheitsschädlichkeit von Glutamat gibt (wie in dem oben verlinkten Beitrag auch ausgeführt wird. Dort scheint der Autor überhaupt das größere Problem mit dem Umstand zu haben, dass der vor Jahrzehnten eingeführte Begriff „China Restaurant-Syndrome“ rassistisch sei).

Fakt ist jedoch, dass in unserer Familie und bei einem Großteil unserer Freunde und Bekannten innerhalb von 30 – 120 Minuten nach Glutamat-Konsum der Magen rebelliert. Und auch wenn die Fallzahl keinesfalls zu statistisch aussagekräftigen Ergebnisse führt, können wir zumindest für unsere kleine soziale „Bubble“ festhalten, dass Glutamat und körperliches Wohlbefinden einen ernsthaften Konflikt haben.

Zum Glück gibt es verschiedene natürliche Geschmacksverstärker.

Für Brühen aller Art ist der effektivste, neben Salz, Dashi.

Dashi ist eine traditionelle japanische Brühe, die aus Kombu-Algen und Bonitoflocken oder wahlweise aus Kombu-Algen und Shitake-Pilzen hergestellt wird.

Als Geschmacksbooster für Brühen und Suppen ist Dashi der helle Wahnsinn. Dashi verleiht Suppen eine Tiefe und Geschmacksintensität, die fast etwas Magisches hat.

Der Grund: Dashi ist in der Kombination aus Algen, Pilzen und/ oder getrocknetem Thunfisch die Umami-Bombe schlechthin.

Was Umami ist?

Umami ist, um es kurz zu machen, der fünfte Geschmack neben salzig, süß, sauer und bitter. Der japanische Begriff umami lässt sich am besten mit „köstlich“ übersetzen und meint den besonderen Wohlgeschmack, den einige Gerichte eben haben – und andere nicht.

Warum das? (Achtung: es wird ein bißchen nerdig!)

In einigen Lebensmitteln kommt natürliches Glutamat vor (Gut! Hat nichts zu tun mit industriell erzeugtem MSG), in anderen sind so genannte Nukleotide enthalten (auch gut). Kombiniert man Glutamat- und Nukleotid-starke Lebensmittel, verstärken sich Glutamat und Nukleotide gegenseitig und erzeugen ein regelrechtes Umami-Feuerwerk.

Nun hat Kombu mit 2.240 Milligramm Glutamat (auf 100g Kombu) einen extrem hohen Anteil an natürlichem Glutamat. Und getrocknete Bonitoflocken sind bei Nukleotiden ganz weit vorne. Sie enthalten nämlich 700 mg Nukleotide auf 100 Gramm Flocken.

Zum Vergleich: Nori-Algen kommen auf nur 1.378 mg natürlichen Glutamats und ein klassisches Stück Rinderfleisch auf 94 mg Nukleotide.

By the way: getrocknete Shitakepilze sind mit 150 mg Nukleotiden auch nicht schlecht, stinken aber gegen die getrockneten Bonitoflocken deutlich ab.

Ein schönes Beispiel zum Thema aus der italienisches Küche ist die Sauce zum Ceasars Salad, in der Parmesan (1.680 mg Glutamat) mit Anchovis (300 mg Nukleotide und 4.300 mg Glutamat) kombiniert wird. Aus diesem Grund werden Tomatensaucen zum Beispiel auch deutlich leckerer, wenn man statt Salz Anchovis verwendet.


Für was kannst Du Dashi verwenden?

Die bekanntesten Verwendungszwecke für Dashi sind Miso-Suppe und Miso-Ramen. Dafür wird die Dashi mit Miso und weiteren Zutaten versetzt. Um diese beiden spannenden Themen kümmern wir uns später. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man mit den Zutaten für Dashi mehrere „Aufgüsse“ machen kann. In Japan wird der erste Aufguss (Ichiban Dashi) für Miso-Suppe und Miso-Ramen verwendet, der zweite Aufguss (Niban Dashi) zum Kochen von Brühen.

Ich habe beides ausprobiert und kann grundsätzlich nichts Schlechtes dabei finden, auch den ersten Aufguss für Brühen zu verwenden (außer, dass das vielleicht ein bißchen verschwenderisch ist).

Heute wollen wir uns deshalb auch um Brühen kümmern, denn hier spielt die Dashi ihre vollen Stärken aus. In Brühen tritt das intensive, meerige Aroma in den Hintergrund. Stattdessen lässt die Dashi die Aromen der eigentlichen Brühe strahlen und scheinen als ob sich eben die Wolken verziehen und die Sonne aufgehen würde.


Was ist sonst noch wichtig?

  • Kombu-Algen dürfen nicht kochen
  • Die fertige Dashi hält sich über einige Tage im Kühlschrank und lässt sich auch problemlos einfrieren
  • Du kannst beide Dashi-Varianten problemlos kombinieren

Bezugsquellen

Alle Zutaten für die Dashi kannst Du in den meisten gut sortierten Asia Skops bekommen. Alternativ gibt es verschiedene Internetversender, die das gesamte Sortiment anbieten.

Disclaimer

Insbesondere Kombu-Algen weisen sehr hohe Jod-Werte auf.

Grundsätzlich ist Jod ein wichtiges Spurenelement. Übermäßiger Konsum kann aber offenbar unter anderem zu Problemen mit der Schilddrüse führen. Wenn Du Dich diesbezüglich intensiver informieren möchtest, findest Du hier und hier geeignete Informationsquellen.

Wir als Familie halten es so, dass wir den Konsum von 1-2 Portionen Dashi-haltiger Suppe pro Woche als unkritisch ansehen. Das ist unsere persönliche Meinung. Ich rate Dir daher, Dich über die Jodproblematik selbstständig zu informieren und auf dieser Basis eine Entscheidung zum Konsum zu treffen.

Dashi

5 from 1 vote

Zutaten
  

Dashi

  • 1 Liter Wasser
  • 15 g Kombu-Algen
  • 15 g Getrocknete Bonito-Flocken (Katsuobushi)

Shiitake Dashi (vegan)

  • 1 Liter Wasser
  • 8 Getrocknete Shiitake-Pilze
  • 15 g Kombu-Algen (ca. 5×10 cm)

Anleitungen
 

Dashi

  • Die Kombu-Algen in das kalte Wasser legen. Das Wasser ganz langsam auf Stufe 1 erhitzen. Die Kombu-Algen entfernen bevor das Wasser kocht, idealerweise bei um die 65°C. Die Kombu-Algen dürfen auf keinen Fall kochen, da sie sonst bitter werden.
  • Die Bonitoflocken dazu geben und das Ganze ein Mal aufkochen. Dann vom Herd ziehen und 30-60 Minuten ziehen lassen.
  • Im Anschluss das die Brühe durch ein feines Sieb geben.

Vegane Variante

  • Die Kombu-Algen in das kalte Wasser legen. Das Wasser ganz langsam auf Stufe 1 erhitzen. Die Kombu-Algen entfernen bevor das Wasser kocht, idealerweise bei um die 65°C. Die Kombu-Algen dürfen auf keinen Fall kochen, da sie sonst bitter werden.
  • Die Shiitake-Pilze dazugeben und das Ganze ein Mal aufkochen. Vom Herd ziehen und eine Stunde ziehen lassen. Danach die Brühe durch ein feines Sieb geben.

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5 Comments

  • Reply
    Ralph
    15. Januar 2025 at 9:00

    Danke für die Erläuterungen zu Kombu-Algen. Ich wusste bisher nicht, wie man die richtig verwendet, außer dass sie sehr Umami sind. Ich gebe Sie immer am Ende zu eine Hühner-Consommeé in Verbindung mit natürlichem Glutamat und Steinpilzen. Ist das dann auch eine Art Dashi?

    Viele Grüße
    Ralph

    • Reply
      Oliver
      15. Januar 2025 at 9:04

      Hi Ralph,

      genau so ist es. Es gibt auch klassische Rezepte z.B. für japanische Schweinebrühe, wo die Shiitakepilze mit gekocht werden und die Kombu-Algen erst ganz am Ende in die abkühlende Brühe gegeben werden und dann „nur noch“ ziehen.

      Herzliche Grüße,

      Oliver

  • Reply
    Andree
    15. Januar 2025 at 9:04

    5 Sterne
    Hurra, endlich mal kein Brot.
    Es gibt durchaus deutliche Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Wenn du mehr wissen willst, suche dir bei Youtube mit „Pollmer Glutamat“.
    Gilt auch mittlerweile auch für einige pflanzliche Öle.
    Glutamat ist künstlich identisch mit dem natürlichen, aber die Dosis durch die zahlreichen angereicherten Lebensmittel viel höher, als in Parmesan oder Kombu.

    • Reply
      Oliver
      15. Januar 2025 at 9:08

      „Hurra, endlich mal kein Brot.“ 🙂 🙂 🙂
      Youtube schaue ich mir an. Was die schädlichen Auswirkungen angeht: ich habe die Erfahrung gemacht, dass fast alle künstlichen Zusätze, egal ob Glutamat, künstliche Emulgatoren, Stabilisatoren etc. bei uns sofort Magenprobleme verursachen. Wir verzichten schon ziemlich lange auf sämtliche Convenience-Lebensmittel und -Produkte. Da fällt die Wirkung, wenn man dann doch mal was Künstliches isst, umso krasser aus.
      Beste Grüße,
      Oliver

  • Reply
    Tobias
    22. Januar 2025 at 22:54

    Guten Abend,

    ich finde Deine Rezepte immer super spannend!

    Ich kann die Gegenüberstellung von „natürlich“ und „künstlich“ im Fall von Glutamat nicht ganz nachvollziehen. Es handelt sich in beiden Fällen um den chemisch identischen Stoff „Mononatriumglutamat“. Das in natürlichen Lebensmitteln noch andere Substanzen die Wirkung verstärken/ergänzen (z.B. Kokumi-Effekt), hast Du ja beschrieben. Aber was ist Deiner Meinung nach der Grund, warum Du (und Dein Umfeld) auf „künstliches“ Glutamat anders reagieren, als auf „natürliches“?

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    Rezept Bewertung